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Aserbaidschan

Khinaliq

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Aserbaidschan?

Wie kam ich auf die Idee, nach Aserbaidschan zu reisen? Ganz einfach, der günstigste Flug von Georgien nach Teheran stoppte in Baku, Aserbaidschans Hauptstadt. Da ich auch für einen Transitflug ein Visum benötigte und ich dieses ganz einfach online beantragen konnte, entschied ich, eine Woche in Aserbaidschan zu verbringen. Eine Woche deshalb, weil ich am 22. Oktober 2017 einen Freund im Iran traf.

Über Aserbaidschan

Aserbaidschan liegt zwischen dem Kaukasus und dem Kaspischen Meer. Das Land ist für sein Erdöl und die Hauptstadt Baku für die Formel 1 bekannt. Die Landessprache ist Azeri und es gibt neun Klimatypen die ermöglichen, dass sowohl Tee und Granatapfel, als auch Reis angebaut werden können.

Die Zeitverschiebung beträgt +2 Stunden zur Schweizer Zeit und das Land hat neun Nachbarländer.

Seit 1991 ist Aserbaidschan unabhängig und wird diktatorisch regiert. Die Kriminalität ist sehr tief. Es gibt viel Polizei und es wird grossen Wert auf den Schutz der Bevölkerung und der Touristen gelegt.

Die obligatorische Schule dauert 11 Jahre und ist kostenlos. Die Qualität der öffentlichen Universitäten sei schlecht. Besser seien die internationalen Schulen, welche teuer sind und sich die meisten Menschen nicht leisten können. Aserbaidschan hat zwar 11 einheimische Öl-Millionäre, der Rest der Bevölkerung ist jedoch eher arm.

Aktuell werden verschiedene Projekte umgesetzt. Unter anderem eines für Plastikrecycling. Dies ist dringend nötig. Ausserhalb der Stadt liegen überall PET-, Alu- und Plastikabfälle an den Hängen, in den Büschen, auf Feldern oder am Strassenrand.

Früher war das Land reich an Steinen und Holz, was erklärt, weshalb überall Steinmauern und Häuser aus Stein zu sehen waren. Noch heute werden Steinhäuser bevorzugt wegen dem Temperaturausgleich, aus Sicherheitsgründen und wegen der Erdbebensicherheit.

Visum

Wie bereits im Bericht Von der Idee zum Plan erwähnt, war das Visum für Aserbaidschan das schnellste, das ich je beantragt und erhalten habe! Den Antrag konnte ich hier elektronisch ausfüllen, die Kosten betrugen CHF 20.00 und nach weniger als 12 Stunden hatte ich das Visum im Postfach.

Reise nach Baku

Falls du dich fragst, weshalb ich von Georgien nach Aserbaidschan oder in den Iran geflogen und nicht mit Zug oder Bus gereist bin, gibt es eine einfache Erklärung. Ich hatte es verpasst, in der Schweiz das Visum für den Iran rechtzeitig zu beantragen. Ich hätte einige Dokumente, Fingerabdrücke usw. einreichen müssen, was zu viel Zeit beansprucht hätte. Deshalb musste ich nach Teheran fliegen, um das Visum bei der Ankunft zu erhalten. Für die Einreise auf dem Landweg muss man, meines Wissens, jedoch das Visum vorher besorgen.

Weil ich am Vorabend viel zu viele Piña Coladas in Tbilisi getrunken hatte, ging es mir an diesem Tag richtig be….schlecht. Im Flieger von Tbilisi nach Baku konnte ich zwar eine Stunde schlafen, aber als ich den modernen Flughafen betrat (Foto), fühlte ich mich nicht besser. Ich holte mein Gepäck, hatte Geld abgehoben und wollte mich informieren, wie ich mit dem Bus zum Hostel kam. Keine Chance. Ich war noch nie in meinem Leben so froh, dass es so viele Taxis gab. Ohne warten zu müssen fuhr mich einer für 30 Manat (ca. 20 Franken) zum Hostel Sahil.

Baku-Flughafen

Baku

Nach dem einchecken hatte ich ein paar Stunden geschlafen, fühlte mich aber immer noch elend. Zudem hatte ich Hunger und ehrlich gesagt keine Lust etwas zu essen zu suchen. Aber ich musste. Also ging ich raus, hatte kurz auf Googlemaps nach Restaurants gesucht und siehe da: Vapiano! Ich wusste, dass ich bei Vapiano bestimmt etwas Veganes bekommen würde. Dinkel-Fusilli mit Pesto und ohne Käse.

Als ob ich mich nicht schon elend genug gefühlt hätte, merkte ich, als ich etwa die halbe Portion gegessen hatte, dass die liebe Tante Migräne mich nach Jahren wieder einmal besuchen kam. Ich spürte, dass ich auf der rechten Seite nicht mehr alles sehen und spüren konnte und wusste, dass ich mir jetzt ganz schnell einprägen musste, wo mein Hostel war. Normalerweise vertraute ich da ja ganz auf Googlemaps. Die Pasta wurde so schnell wie möglich gegessen, weil ich nicht wusste, was nun passierte. Früher konnte ich nämlich ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr sprechen und nicht mehr alles sehen. Das wäre ein sehr ungünstiger Zeitpunkt gewesen in dieser fremden Stadt. Ich schaffte es zum Glück rechtzeitig ins Hostel und legte mich um 19.30 Uhr ins Bett.

Meine nette Zimmerkollegin, eine ältere Malaysierin, machte mich noch freundlich darauf aufmerksam, dass ich scheisse, alt und müde ausschaute und mich erholen sollte. Und genau das hatte ich dann auch gemacht. Zum Glück war ich am nächsten Tag wieder fit.

Baku

Free Walking Tour

In der Altstadt stand der Maiden Tower (rechtes Foto). Dieser war früher der Hauptpunkt, wo alle Strassen von ausserhalb in Baku zusammentrafen. Es gab auch unterirdische Tunnels. Einige sind noch immer unentdeckt. Die Altstadt war der einzige nicht luxuriöse Teil im Stadtzentrum. Der Rest wirkte für mich etwas fake mit den neuen und teuren Gebäuden.

Baku-oldcity Maidentower

In den letzten Jahren haben die Scheichs mit viel Geld eine moderne Stadt aufgebaut. Da Aserbaidschan sehr viel Erdöl hat, gibt es einige sehr reiche Personen. Der grösste Teil der Wirtschaft ist von Erdöl und Gas abhängig. Ein Liter Benzin kostete trotzdem etwa einen Franken.

Aserbaidschan sei aber, nebst dem Iran, der Türkei und Indien, auch einer der grössten Teppichhersteller. Die Nizami Street ist heute die Hauptstrasse mit vielen Geschäften, die zum shoppen einladen. Vor den Sowjets war sie die Handelsstrasse.

Ich hörte zum ersten Mal vom Zoroastrismus. Dieser entstand zwischen 1800 und 600 v.Chr. Es herrscht Uneinigkeit bei den Forschern, was das exakte Jahr anbelangt. Im Zoroastrismus gab es einen Schöpfergott, der begleitet wurde von unsterblichen Heiligen. Von diesem Gott wurde kein Bild gemacht, dafür wurde ein Feuer im Feuertempel behütet, damit es nicht auslöschte.

Feuertempel

Dichter sagen mir nicht viel und es interessiert mich auch nicht. Aber in Aserbaidschan mussten einige Dichter sehr wichtig gewesen sein. Da war zu Beispiel Jafar Jabbarly (1899-1934). Er schrieb als erster, dass Frauen keinen Hijab (Kopftuch) tragen sollten. Ein anderer schrieb gegen den Kommunismus, was verboten war und mit Gefängnis bestraft wurde. Weil er aber Alkoholiker und somit immer betrunken war, musste er nicht ins Gefängnis. Denn eine Regel besagte, dass Betrunkene nicht ins Gefängnis mussten.

Aserbaidschan war Teil der Sowjetunion. Anscheinend gibt es noch heute Geschichtsbücher, welche vermitteln, dass die Sowjets Aserbaidschan nicht eingenommen, sondern Aserbaidschan sie eingeladen hätte.

Die meisten Menschen mochten die Zeit des Kommunismus nicht. Ein positiver Aspekt war für die Menschen jedoch der Säkularismus, die Trennung von Staat und Religion.

Obwohl Aserbaidschan ein muslimisches Land ist (85% gehören dem schiitischen und 15% dem sunnitischen Islam an), sind die Menschen nicht wirklich religiös. Nur ungefähr 10% sind regelmässig praktizierende Muslime. Nebst dem Islam gibt es auch einen kleinen Teil Juden und Christen.

Trotz des Islams gab es einen Granatapfel-Wein. Der Asgranata premium müsse lecker sein, ich hatte ihn jedoch nicht probiert.

Veganes Essen

Nach meinem ersten Essen im Vapiano versuchte ich, etwas Veganes in einem normalen Restaurant zu erhalten. Ich bekam Kartoffeln und ein paar Pilze und ich merkte zudem, dass die Menschen nicht wirklich englisch sprachen.

Ein paar gute vegane Optionen fand ich dann aber doch noch. Im Restaurant El Viento Art & Crafts Cafe ass ich einen veganen Burger. Der Service war wie in Georgien, nicht wirklich vorhanden. Dafür lag das Café nicht im modernen und luxuriösen Zentrum, sondern in einem authentischeren Quartier.

Baku

Das Coffee Moffie war gemütlich und hatte WiFi. Die Leute waren sehr freundlich und ich ass ein veganes Sandwich.

vegan-burger vegan-sandwich

Das Coffee Lea hatte mir eine Einheimische empfohlen. Sie ass ebenfalls vegan und bestätigte mir, dass es sehr schwierig sei, in Aserbaidschan auswärts zu essen. Im Coffee Lea gab es einen guten kolumbianischen Kaffee, ein veganes Sandwich und einen Tee. Alkohol verkauften sie nicht.

Mit einem Aserbaidschaner traf ich mich einmal für ein Nachtessen. Er brachte mich in ein einheimisches und sehr günstiges Restaurant. Für mich gab es einen Salat und nach dem Essen Tee mit Jam. Es war üblich, dass der Tee nicht vor oder während dem Essen, sondern nach dem Essen getrunken wurde. Und als er Jam bestellte als Nachtisch, war ich etwas verwirrt. Ich fragte, ob wir nun Brot und Marmelade essen? Er lachte. Mit dem Tee wurden uns drei Schälchen mit etwas ähnlichem wie Konfitüre serviert. Es handelte sich um Früchte und Zuckersirup oder so. Dies wurde zum Tee gegessen und war lecker, aber extrem süss.

Tagesausflug

Der Tour-Anbieter „TES Tour“ bot für 50 Manat eine Tagestour an, die uns an folgende Orte brachte.

Gobustan

Auf dem Weg nach Gobustan fuhren wir an vielen Erdöl-Gewinnungsanlagen vorbei. Mir war das bis dahin nicht so richtig bewusst. Aber überall standen Anlagen und es drehte sich alles ums Öl.

In Gobustan wurden uns Petroglyphen gezeigt. Petroglyphen sind in Stein gearbeitete Felsbilder. Leider sah alles wie ein grosser Steinhaufen aus, weil vor 1000 Jahren ein starkes Erdbeben alles zerstörte.

Petroglyphen

Schlammvulkane

In Aserbaidschan gibt es 350 Schlammvulkane. Diese sind ein lustiges Phänomen, das ich das erste Mal gesehen hatte. In Aserbaidschan ist das Schlamm-Öl-Gemisch kalt. Normalerweise seien sie heiss. Wenn die Vulkane sehr aktiv sind, können sie bis zu 10 Meter hoch sprühen.

Schlammvulkan Schlammvulkan

Ateshgah (Feuertempel)

Dieser Tempel stammt aus der Zeit des Zoroastrismus. Die Menschen assen zu dieser Zeit nur Früchte und Gemüse und es war die Religion vor dem Islam. Die Toten wurden mit nacktem Körper auf Lehm gelegt, damit sie schneller trockneten und danach begraben.

Yanardag (Burning Mountain)

An diesem Berg tritt Methan aus. Seit 4000 oder mehr Jahren brennt der Berg schon. Durch die Vermischung mit Sauerstoff entsteht das Feuer. Es brennt ununterbrochen und wird auch durch Wind oder Schnee nicht ausgelöscht. Heute brennt jedoch nur noch ein kleiner Teil und es wird davon ausgegangen, dass es irgendwann nicht mehr brennt. Früher waren es drei Berge mit grossem Feuer.

Burning-Mountain

Von Baku nach Khinaliq

Ein Engländer und ich hatten beide den Plan, für ein paar Tage nach Khinaliq, in den Norden, zu fahren. Es gab da ein Dorf auf 2000 Meter, das schön sein musste. Einer von TES Tour gab uns einen Kontakt in Khinaliq, der uns in Quba an der Bushaltestelle abholen sollte und bei dem wir übernachten konnten.

Vor der Fahrt hatte ich mich noch mit genügend Linsen, Bohnen und Gemüse eingedeckt, denn ich hatte gelesen, dass Khinaliq ein Alptraum sei für Vegetarier. Ich wollte mir nicht ausmalen, was das für mich bedeutete.

Treffpunkt war um 10.30 Uhr beim Busbahnhof. Ein Taxi brachte mich dahin. Genauer: auf die andere Seite. Er verabschiedete sich und ich musste voll beladen eine extrem befahrene 6-spurige Strasse überqueren. Ich lief einfach mal los, in der Hoffnung, heil auf der anderen Seite anzukommen.

Wie erwähnt, war der Treffpunkt der Busbahnhof. Als ich ankam stellte ich fest, dass der Treffpunkt ungenauer nicht hätte sein können. Dieser Busbahnhof war riesig und hatte verschiedene Etagen! Es herrschte überall Chaos und Geschrei. Eine Sprache, die ich nicht verstand und überall waren nur Männer. Ich hatte mich kurz gefühlt wie in Marokko. Einen Ticketschalter hatte ich nicht gesehen, dafür gabs viele Shops.

Einige Leute zeigten mir dann, dass die Busse oben fuhren. Irgendwann stand ich vor dem Bus nach Quba. Da wartete ich in der Hoffnung, dass meine Begleitung irgendwann auftauchte. In der Zwischenzeit musste ich unzählige Männer abwimmeln. Englisch verstand niemand und überall war schreckliches Geschrei und Chaos.

Und meine Begleitung? Keine Ahnung. Er war seit 15 Minuten nicht mehr online, hatte keine lokale SIM-Karte und WiFi gab es am Busbahnhof auch nicht. Also wartete ich einfach.

Ein Bus nach dem anderen kam und fuhr los. Kurz vor 11 Uhr erschien dann noch ein anderer verwirrter aus dem Westen. Er war genau so irritiert wie ich. Aber wenigstens hatten wir uns gefunden und konnten in den Bus steigen. In den engsten Bus in dem ich je sass. Wo normalerweise 3 Sitzreihen waren, wurden vier daraus gemacht und der Gang war gerade hüftbreit.

Nach drei Stunden erreichten wir Quba. Ein jüdisches Städtchen. Wir wollten es uns ansehen, bevor wir weiter fuhren nach Khinaliq. Ein paar Taxifahrer wollten uns fahren. Wir konnten uns jedoch überhaupt nicht mit ihnen unterhalten. Der Engländer hatte dann Rahman’s Name erwähnt. Er war der, den uns der eine von TES Tour empfohlen hatte. Die Taxifahrer kannten ihn und wollten uns für 50 Manat nach Khinaliq bringen.

Dann ging die Unterhaltung los. Wir wollten uns Quba ansehen, etwas essen und erst danach nach Khinaliq fahren. Die Taxifahrer sprachen genau so viel Englisch wie wir Azeri. Zwischendurch schien es, als ob sie uns verstanden hätten „oke oke, come“, meinten sie dann. Zur Absicherung stellten wir eine kurze Rückfragen und das Ganze ging wieder von vorne los. Irgendwann gaben wir auf, Quba noch sehen zu wollen. Nach einer kurzen aber intensiven Mittagspause fuhren wir 1,5 Stunden nach Khinaliq. Die Fahrt war atemberaubend und führte durch wunderschön die Berge, Felsen, Schluchten.

Kinaliq

Mittagspause

Wir hatten es geschafft, dass der Fahrer uns zu einem Restaurant brachte. Zu einem Restaurant irgendwo ausserhalb der Stadt. Englisch? Fehlanzeige. Dann startete eine sehr lustige Unterhaltung.

Wir: Mit Handzeichen fragten wir nach essen.
Restaurant: Yes. Chicken?
Wir: Yes, one chicken, one vegetarian.
Restaurant: Oke oke come. vegetable?
Wir: Yes.
Restaurant: Chicken? Soup?
Ich: Nooo vegetarian. No meat!
Restaurant: Ok. Come!

Er führte mich in einen Raum und dann hielt er mir etwa 20 tote Hühnchen unter die Nase. Ich gab einen Laut von mir und rannte schockiert davon. Wir hatten dann wohl alle etwa denselben fragenden Blick im Gesicht. Dann packte ich mein Langenscheidt Ohne Wörterbuch hervor und zeigte einem anderen folgende Bilder: Kein Tier. Kein Fleisch. Nur Gemüse. Dieser meinte dann ganz erstaunt: „Oooh you vegetarian?“ Wir standen zu viert um das Bilderbuch herum und haben gelacht. Das war herrlich. Am Ende bereiteten sie mir einen Tomaten-Gurken Salat mit Kräutern und eine

Kohl-Kartoffeln-Tomatensuppe zu. Na also, ging doch!

Khinaliq

Als wir in Khinaliq, oben auf dem Berg ankamen, empfing uns Rahman. Ein kleiner Mann, der ein paar Worte englisch sprach. Wir wohnten bei ihm, seiner Frau und seinen zwei Kindern im Haus und hatten ein Zimmer für uns. Er feuerte ein, damit wir warm hatten. Denn es lag etwas Schnee und es war um die Null-Grad oder weniger. Die Frau brachte uns Tee und selbstgemachten Jam aus Karamel und Kürbis. Beides war sehr lecker.

Khinaliq-Rahman

Wir unterhielten uns so gut es ging. Rachman’s Frau sprach leider kein Englisch. Danach liefen im ruhigen Dorf herum und machten Fotos. Die Sicht war klar und wunderschön. Wir waren beeindruckt von allem was wir sahen.

Kinaliq 

Der Mobile-Empfang war schlecht und Internet oder WiFi gab es nicht, weil jemand in den Masten gefahren sei. Fliessend Wasser gab es nur beim Brunnen und die Toilette stand ausserhalb des Hauses. Wir hofften natürlich beide, dass wir in der Nacht bei diesen Temperaturen nicht auf die Toilette mussten.

 Khinaliq-ToiletteKhinaliq-Brunnen Kinaliq-Rahman

Um 19 Uhr gab es essen. Ich habe der Frau vorher mit Händen und meinem Essen erklärt, dass ich gerne für mich selber kochen würde, weil ich kein Fleich, Butter, Käse, Milch und Ei esse. Denn es gab nur Hühnchen und eine Suppe.

Sie gab mir einen Topf und ich kochte Buchweizen, Linsen, Bohnen und Gemüse. Natürlich wieder einmal so viel, dass ich am nächsten Tag noch davon essen konnte und die Familie auch eine Mahlzeit hatte.

Khinaliq-kochen

Am Abend wollten wir unbedingt den Sternenhimmel sehen, dieser musste sehr eindrücklich sein. Jemand erzählte uns, es sehe aus, als ob man rundherum von Sternen umgeben wäre. Wir zogen uns warm an und gingen gespannt nach draussen. Aber wo waren die Sterne? Anstatt Sterne sahen wir Schneeflocken. Es war leider bewölkt und wir konnten keine Sterne sehen. Auch wenn wir noch ungefähr 10 Minuten suchten.

Um 21 Uhr legten wir uns ins Bett, bestehend aus einer Matratze, ähnlich wie dicke Kissen. Sie lag auf dem Boden und war bedeckt mit Decken. Der Ofen hatte den Raum schön gewärmt und wir hatten sehr gut geschlafen.

Khinaliq-Bett

Am nächsten Tag standen wir um 6 Uhr auf. Die Sonne ging langsam auf und ich sah noch einen Stern und den Mond. Immerhin einen.

Khinaliq-morgen

Um 7 Uhr gabs Frühstück. Ich kochte mir meinen Porridge und schnitt Früchte. Ich glaube Rahman hatte noch nie Birne gesehen oder gegessen. Er probierte ein Stück und meinte „other apple“.

Meine Bohnen waren in einer Alu-Dose. Diese und auch den Plastik vom restlichen Essen hatte ich wieder mit nach Baku genommen. Denn das Entsorgungssystem da oben hiess „den Hang hinunter – aus den Augen, aus dem Sinn“. Was verständlich war. Denn ich denke, die Einheimischen verwendeten keine Produkte, die in Plastik oder Alu eingepackt waren. Sie lebten hauptsächlich von ihren Hühnern und dem Gemüse aus dem Garten. Wie sollen sie also wissen, was sie mit dem fremden Abfall machen sollen?

Nach dem Frühstück spazierten wir zum einem Berg um die Aussicht zu geniessen. Es war wirklich wunderschön und ruhig. Hunde, Katzen, Hühner, Schafe, Kühe und ein paar Menschen. Steinhäuser, einfache Toiletten, Feuer-Klötze aus Kot, Brunnen und aufgehängte Wäsche (wie lange die wohl brauchte zum trocknen?).

Kinaliq

Um 10 Uhr kam das Taxi und brachte uns nach Quba. Rachman fuhr auch mit. Nach ein paar Minuten meinte er, er habe sein Gebiss vergessen. Wir lachten und fuhren nochmal zurück. Von Quba fuhr uns der Bus zurück nach Baku. Dieser Ausflug war kurz, aber definitiv ein Highlight!

Die letzten Tage

In der einen Woche konnte ich mir leider nicht mehr ansehen als Baku und Khinaliq. Da ich dringend waschen und meine Steuererklärung ausfüllen musste mit meiner Freundin, verbrachte ich die letzten Tage wieder in Baku. Die Frist für die Einreichung der Steuererklärung betrug einen Monat. Da das Ausfüllen der Steuererklärung nicht zu meinen Lieblingsaufgaben gehörte und ich nicht wusste, wie die Internetsituation im Iran aussah, mussten die Steuern vorher erledigt werden.

Das war übrigens die zweite Steuererklärung in meinem Leben, die ich von Hand ausgefüllt hatte. Das war ja vielleicht eine Arbeit. Hast du schon mal einen Lohnausweis ausgefüllt? Da mein ehemaliger Arbeitgeber den Lohnausweis nicht kumuliert bis zu meinem Austritt erstellen konnte (diese wurde erst anfangs 2018 erstellt), mussten wir alles mühsam zusammenrechnen und abziehen. Ich war ja wieder einmal so was von dankbar, dass normalerweise die Möglichkeit bestand, die Vorjahresdaten zu importieren und alles elektronisch ausgefüllt werden konnte.

Meine liebe Freundin hatte sich dann einen Abend Zeit genommen und wir hatten alles per Video-Call ausgefüllt. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle!!!

Internationales Filmfestival Baku

Eine Kanadierin, die im selben Hostel Tbilisi war, lief auf einmal ins Zimmer. Manchmal gibt es echt Zufälle. Sie machte mich darauf aufmerksam, dass ein kleines Filmfestival lief und wir schauten uns am letzten Tag zwei Filme an.

Der erste bestand aus mehreren kurzen Filmen und der zweite war Stranger in Paradise, ein holländischer Film, der die aktuelle Flüchtlingskriese in Europa thematisiert. Wenn du die Möglichkeit hast, dir diesen Film anzusehen, kann ich ihn dir sehr empfehlen.

Eine Bemerkung einer Frau, während der Diskussionsrunde im Anschluss des Films, war, dass dieser Film sehr gut zeigte, dass es in Europa Länder gibt, in der Demokratie gelebt wird. Jeder könne seine Meinung haben und sagen, was er denkt. Uns „Westlern“ wurde da richtig bewusst, welche Freiheiten wir haben und sie oft nicht zu schätzen wissen. Aserbaidschan wird diktatorisch regiert und die Menschen wünschen sich unsere Freiheiten.

Natürlich gab es auch Personen, die meinten, dass Flüchtlinge nicht so behandelt werden dürften, wie es der Film teilweise zeigte. Genauso waren andere der Meinung, dass es wichtig sei, dass jeder, der in ein fremdes Land komme, die Spielregeln und die Kultur kenne. Die Diskussionsrunde war sehr angeregt und spannend.

Bankomaten / Geldbezug

Geld abheben mit meiner Postcard war in Baku eher schwierig. Ich war froh, hatte ich noch eine zweite Visa-Karte von der DKB. Die DKB kann ich dir ebenfalls sehr empfehlen, wenn du oft unterwegs bist und im Ausland Geld beziehen musst. Mit dieser hatte ich nie Probleme und ich musste auch keine Gebühren bezahlen. Mit der Visa-Karte der Postfinance kostete ein Bezug CHF 10.00.

In der Altstadt gab es nur einen nationalen Bankomat. Eine ausländische Karte wurde nicht akzeptiert. Zudem zeigten die meisten Automaten an, dass sowohl Manat als auch US-Dollar bezogen werden konnten. Dollar konnte ich jedoch an keinem Automaten abheben. Ich war mir plötzlich unsicher, ob ich genügend Euro und Dollar dabei habe, falls ich allenfalls länger als 15 oder 30 Tage im Iran bleiben würde. Mein Freund brachte mir dann zum Glück noch Euros mit.

Interessante Feststellung

Ich hatte am Flughafen festgestellt, dass ich mit ungefähr 25 Kilo unterwegs war. Wie bereits erwähnt, bezeichnete mich meine Freundin bei meiner Abreise als Lastesel. Trotzdem war ich etwas schockiert, als ich die Zahl sah. In einem Gespräch wurde mir dann aber bewusst gemacht, dass das etwas zu viel für mich sei.

Jemand meinte, 25 kg können nicht sein und schaute mich ungläubig an. Ich schaute dann komisch zurück und er fragte mich, wie schwer ich sei. Dann schaute ich ihn fragend an. Er fragte nochmal und ich meinte dann, dass ich wahrscheinlich um die 55 kg wiegte. Er lachte und sagte, dass mein Gepäck etwa die hälfte meines eigenen Körpergewichtes sei. Das könne doch nicht sein?! Hmmm, stimmt. Vielleicht schleppte ich etwas zu viel mit mir herum.

Interessante Begegnung

An einem Morgen beim Frühstück lernte ich einen ungefähr 50 jährigen Iraner kennen. Er war seit ein paar Wochen in Baku. Vorher im Gefängnis im Iran. Er war politisch aktiv gegen das Regime. Auf meine Frage, was passieren würde, wenn er zurück ginge, schaute er mich mit einem „ach du Schweizerin, hast keine Ahnung was da draussen passiert“-Blick an. Und er hatte recht. Ich konnte mir nicht vorstellen, was passieren würde. Ich hatte kurz ein Gefängnisbild aus der Schweiz im Kopf, ahnte aber, dass es im Iran bestimmt alles andere als auch nur ein wenig angenehm sein musste.

Wenn er zurück gehen müsste, würde er auf jeden Fall wieder ins Gefängnis kommen. Er zeigte mir seinen Fersen. Dieser war blau und schwarz. Manchmal würden heisse Eisen an den Körper gehalten. Sein Ringfinger war 1.5 mal so dick wie die anderen Finger und krumm. Ich wollte nicht wissen, was da passierte.

Er habe eine Ex-Frau und eine Tochter und niemand dürfe wissen, wo er war. Die ganzen Gesetze, die Unterdrückungen und auch, dass Frauen ein Kopftuch tragen müssen, gehe ihm gegen den Strich. Er wollte, dass seine Tochter ein normales Leben in Freiheit haben könne.

Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann und arbeitete auch mit verschiedenen Firmen in der Schweiz und in Europa zusammen. Jetzt sei alles eingefroren: Firma, Geld, Autos. Auf nichts könne mehr zugegriffen werden. Stattdessen sass er in Aserbaidschan und wartete auf ein Land, das seinen Asylantrag genehmigte. Er zeigte mir die Bestätigung der UN, dass er Asyl brauche.

Während den Gesprächen mit solchen Menschen wird mir immer wieder bewusst: Wir geniessen in der Schweiz so viele Privilegien! Doch anstatt dankbar zu sein und das Leben zu geniessen, werden Probleme gesucht oder erschaffen. Viele sind nie zu frieden. Bessere Noten, mehr Geld, höhere Abschlüsse, die schönere Frau, den attraktiveren Mann, ein neueres oder schnelleres Auto, eine Zweitwohnung oder ein grösseres Haus. Es gäbe noch so viele weitere Beispiele. Alles wird uns gelehrt nur Dankbarkeit und Zufriedenheit sind für viele ein Fremdwort.

Vorbereitungen für meine Reise in den Iran

Ganz ehrlich hatte ich mich fast nicht vorbereitet. Die Bedenken von meinem Umfeld reichte mir und ich wollte alles auf mich zukommen lassen.

Am zweitletzten Tag sass ich im Coffee Moffie und hatte mir doch kurz die Einreisebestimmungen für den Iran angesehen. Tatsächlich fehlte mir die englische Bestätigung, dass ich krankenversichert war und meine Krankenkasse (Globality) für allfällige Kosten im Iran aufkommen würde.

Ich brauche auch noch ein Kopftuch. Also machte ich mich auf die Suche. Obwohl das Land muslimisch war und vor den Sowjets die Frauen Kopftücher trugen, fand ich nur im SIX Accessoires für 40 Manat einen schönen Winterschal. Ein Verkäufer und drei Verkäuferinnen beobachteten mich. Ich war komplett aufgeschmissen, da ich nicht wusste, wie ich ein Kopftuch anziehen musste. Eine Verkäuferin war dann so nett und half mir. Auf meine Frage, ob das Kopftuch mir stand, meinte sie: „Yes! Your eyes look beautiful!“ Ich hoffte, dass der Schal auch gut und irankonform war.

Kopftuch

Zudem sei Facebook im Iran gesperrt und ich stellte mich auf einen digitalen Entzug ein. Am Flughafen, kurz vor Abflug, las ich nochmals ein paar Dinge. Unter anderem wurde empfohlen, einen VPN (virtuelles privates Netzwerk) herunterzuladen. Natürlich wusste ich nicht wirklich was ein VPN war. Eine Freundin hatte mir einen empfohlen und ich hatte noch drei weitere heruntergeladen. Ganz nach dem Motto: sicher ist sicher.

Anfänglich verwendete ich den Robo VPN, später den Turbo VPN und irgendwann den ZenMate. Den ZenMate konnte ich sowohl auf meinem iPhone, als auch auf meinen MacBook installieren. Mir wurde bald bewusst, dass es allgemein wichtig war, meine Daten zu schützen, wenn ich mich in öffentlichen Wlan Netzen bewegte.

Tipps für Aserbaidschan

Falls mehr Zeit vorhanden ist für eine Reise durch Aserbaidschan, hatte ich noch folgende Empfehlungen erhalten:

  • Die Stadt Sheki im Nordwesten besuchen
  • In einer alten Karawanserei übernachten und verschiedene Wanderungen oder Spaziergänge machen
  • In die Berge fahren
  • Die Bibi-Heybat Moschee ansehen

Abschliessend kann ich sagen, dass ich in Baku maximal 2 Tage verbringen würde. Der Rest des Landes ist bestimmt sehr schön und interessant zu bereisen. Für Vegetarier und Veganer nicht das geeignetste Land, aber es gibt immer Lösungen.

 

Hinweis: Sämtliche Informationen basieren auf den Aussagen verschiedener Menschen und Guides

    2 COMMENTS

  • Moni 14. März 2018 Reply

    Hey Globetrotterin
    Vielen Dank für deine Reiseberichte. Lese immer gerne, was du so erlebst 🙂
    Bezüglich den Privilegien in der Schweiz kann ich dir nur zustimmen. Reist man durch die Welt, sieht man so einiges und die „Probleme“ relativieren sich. Was für Probleme haben wir in der Schweiz? Häufig die selbst gemachten… Leider wissen wir Zuhause nicht zu schätzen, was wir alles haben und wie gut es uns geht. Natürlich machte auch ich mir Zuhause manchmal „Probleme“ und nach 1,5 Jahren Weltreise, belächle Ich diese. Es waren keine… Nimm deine Erkenntnisse auf deinen weiteren Weg. Egal, ob auf Reisen oder Zuhause.
    Take care & Lg vo dä andere Globetrotterin 😉
    Moni

    • naschi 15. März 2018 Reply

      Hey Moni!
      Vielen Dank für s Lesen und dein Feedback! Du sagst es, wir machen uns oft selber unsere „Probleme“, anstatt dass wir einfach dankbar sind und fröhlich leben. Ich bin so dankbar für diese Reise und die vielen Erkenntnisse!
      LG und hoffentlich bis bald!

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