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Jordanien

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Jordanien

Nach Jordanien reiste ich nur, weil Saudi Arabien zu teuer war um langsam zu reisen und einfach nur zu sein. Es war Mitte Dezember 2019 und ich hatte 3-4 Wochen, bis ich Mitte Januar wieder in Saudi Arabien sein musste. Dann war nämlich ein Road Trip mit einer Freundin geplant.

Viel blieb mir also nicht übrig. Ägypten oder Jordanien, denn fliegen wollte ich nicht. Bei Ägypten sagte mein Gefühl nein. Bei Jordanien war es ziemlich neutral. Da ich überzeugt bin, dass es für alles immer einen Grund gibt, war ich echt gespannt, warum ich nach Jordanien reiste.

Aus dem Plan, zu lernen, es gemütlich zu nehmen und mir ein paar wenige Dinge anzusehen, wurde ein sehr intensiver Aufenthalt. Aber eines nach dem andern, lass uns vorne starten.

Einreise auf dem Landweg von Saudi Arabien

Von Tabuk, im Norden Saudi Arabiens, fuhr ich mit einem Sammeltaxi nach Amman. Wir waren nur der Fahrer, ein Jordanier und ich. Der Grenzübertritt war nicht ganz so einfach wie sonst. Zu erst wusste der Herr nicht, wie er mir das Visum geben und was er machen sollte. Ich schien wohl die erste mit einem nicht Saudischen Pass gewesen zu sein, die an dieser Stelle auf dem Landweg einreiste. Das war aber auch klar, denn das Touristen Visum für Saudi Arabien gab es ja auch erst seit Ende September 2019, also rund 3 Monate. Als ich das Visum hatte, wurden mir viele Fragen gestellt und es tauchte der Verdacht auf, dass ich eine Journalistin sei.

Ausschlaggebend waren meine drei Besuche im Iran. Probleme von Reisenden. Ich war leicht geschockt und wusste auch nicht, was passierte, wenn sie mir unterstellten, dass ich eine Journalistin sei. Zudem hatte ich noch gelogen und gesagt, dass ich einen Job habe, wie ich das immer mache, denn in den meisten Ländern können sie nicht verstehen, wie man einfach nur reisen kann und warum.

Zum Glück konnte ich dann einreisen und dem Herrn erklären, dass ich niemals die Massenmedien unterstützen würde, denn da wird so viel gelogen, dass ich mir die schon gar nicht ansehe. Was im übrigen auch ein Grund ist, weshalb ich die Welt mit meinen Augen sehen will.

Eingereist war ich mit dem Jordan Pass. Er kann einfach online bestellt werden und enthält den Eintritt in 40 verschiedene Sehenswürdigkeiten, u.a. auch den Eintritt für Petra (50 USD).

Jordanien und Jordanier

Ich beginne mit einem Punkt, der mir sehr wichtig ist. Reguläre Touristen und Besucher, informieren sich häufig nicht sehr ausgiebig über ein Land und die Gepflogenheiten, wenn sie für 1 – 2 Wochen Urlaub einreisen.

Dadurch, dass ich meistens länger in einem Land bin, mit den Menschen in Kontakt komme, mich für die Kultur und Religion interessiere, sehe ich meistens viel mehr und habe mittlerweile auch ein anderes Verständnis für Länder, Menschen, Kulturen und Religionen. Zudem lerne ich immer auch viel über mich und meine Kultur.

Flüchtlinge

In Jordanien leben sehr viele Palästinenser resp. Jordanier mit palästinensischem Hintergrund, auf Grund der Geschichte. Als Israel 1948 gegründet wurde und die Palästinenser fliehen mussten, flohen viele nach Jordanien. Heute leben auch viele Syrische Flüchtlinge in Jordanien.

Konservativ

Das Land ist, und das wissen viele nicht, sehr muslimisch und konservativ. Offene, moderne Jordanier bewegen sich oft nur in ihren Kreisen. Auch die Kultur und Traditionen sind noch sehr stark verankert. Genauso wie Hierarchien und grossen Respekt vor den Eltern. In Schulen zum Beispiel, geht es militärisch zu und her. Morgens wird die Landeshymne gesungen. Die Kinder werden geschlagen. Es wird kontrolliert, ob die Finger sauber und die Nägel entsprechend geschnitten sind.

Es herrscht eine Diktatur. Die Regierung oder die Königsfamilie zu kritisieren ist gefährlich. Einige haben mir erzählt, dass das Land sehr korrupt sei. Andere lachten mich an und meinten, das stimme nicht und redeten alles schön. Wohl aus Angst. Immer wieder wird mir in solchen Ländern bewusst, was für ein Glück wir haben, zu heutigen Zeit in der Schweiz o.ä. geboren zu sein. Wir können uns das gar nicht vorstellen.

Auch wirtschaftlich geht es dem Land nicht gut. Korruption sei ein grosses Problem und wie es ohne Ressourcen in Zukunft besser werden soll, wusste niemand. Tourismus ist heute eine wichtige Einnahmequelle. In der Vergangenheit habe Jordanien auch von Kriegen in umliegenden / naheliegenden Ländern profitiert. Es seien viele reiche Menschen geflüchtet und hätten so in Jordanien investiert.

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Verhalten als Gast und Tourist

Wie erwähnt ist Jordanien eher konservativ und muslimisch. Auch wenn es den Touristen keine entsprechende Regeln vorschreibt und die Frauen nicht alle ein Kopftuch tragen. Trotzdem ist die Kultur und das tägliche Leben sehr entsprechend geprägt und sollte respektiert werden.

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Sich öffentlich zu küssen, Alkohol zu trinken und das übliche Verhalten, das im Westen okay ist (oder auch da gewisse Menschen stört), ist einfach nicht angebracht. Ich glaube, das führt auch dazu, dass viele Jordanier „versaut“ werden und Grenzen bei Ausländerinnen überschreiten.

Warum Touristen das Bild prägen

Stell dir mal vor, du wächst in einem Umfeld auf, wo sich niemand öffentlich (nicht einmal innerhalb der Familie) küsst und keine Zärtlichkeiten ausgetauscht werden. Dann siehst du die Weissen. Kurze und knappe Kleidung, innige Umarmungen, küssend und Zärtlichkeiten austauschend in der Öffentlichkeit , wie in den Filmen.

Woher sollen Menschen, die wohlgemerkt meistens noch nie die Möglichkeit hatten Urlaub zu machen in einem anderen Land, eine andere Bildung geniessen als wir und eben, in einem sehr religiösen und konservativen Umfeld leben, wie sollen diese Menschen verstehen, dass die Paare, die das genannte in der Öffentlichkeit zeigen, zusammengehören?

Hier muss noch ein weiterer Punkt berücksichtigt werden. Häufig betrinken sich Touristen und haben dann eine Affäre oder was auch immer, mit Menschen, die sie gar nicht richtig kennen. Oder es gibt Beziehungen ohne verheiratet zu sein. Das ist nämlich in Jordanien immer noch verboten, wie es in der Schweiz vor ein paar Jahrzehnten ebenfalls war.

Im übrigen gibt es in de meisten Ländern, die ich bisher bereiste, das Konzept „Beziehung ohne Hochzeit“ nicht und wird als komisch und falsch angeschaut. Sooo weit muss man da gar nicht gehen. Auch in Süditalien gibts das heute noch. Kein Sex vor der Ehe.

Ich möchte dir wirklich ans Herz legen, sich jeweils zu informieren in welches Land du reist und dich beim trinken oder Körperkontakt lieber einmal mehr etwas zurückzuhalten. Nur weil es günstige Flüge gibt, heisst das nicht, dass es ist wie zu Hause, man sich genau so oder noch schlimmer verhalten soll. Es gilt wie immer, die Kultur und lokalen Gepflogenheiten zu respektieren.

Amman

Nun aber zu meinem Aufenthalt in Jordanien. Begonnen hatte dieser im Norden, in Amman. Ich wohnte in einem Hostel in einem Haus, das 1930 gebaut wurde. Es war gemütlich und sauber, aber arschkalt. Ich hatte viel geschlafen und nicht wirklich viel gemacht. Nach fast einem Monat nicht gross online sein, hatte ich einiges zu erledigen.

Das Wild Jordan Restaurant eignete sich dafür super. Das Internet war nicht das schnellste, aber ich decke mich ja jeweils mit genügend Gigabytes auf der SIM-Karte ein, damit ich unabhängig bin und mir jederzeit einen Hotspot machen kann. Um die Weihnachtszeit war da ein lustiger Nikolaus, der Süssigkeiten verteilte und die Gäste unterhielt.

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Im Wild Jordan arbeiteten super liebe Menschen, der Kaffee war gut und die „Date Molasses“ machte mich süchtig! Tahina (Sesammus) und Dattelsirup werden zusammengemischt und mit Brot gegesen. Eine lokale Spezialität aus dem Norden und wirklich sehr lecker! Auch die restlichen veganen Optionen waren sehr lecker.

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Einige Male traf ich mich mit einem Bekannten, den ich im Frühling 2019 in Tbilisi, in Georgien kennengelernt hatte. Wir tauschten uns aus, gingen Essen und er gab mir einige Informationen über Jordanien.

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Wie immer nahm ich an einer Free Walking Tour teil. Diese geben mir immer einen guten Überblick über die Stadt. Dieses Mal konzentrierte sich die Tour nur auf den ursprünglichen Stadtkern.

Im 19 Jahrhundert war dieser Stadtkern ein kleines Dorf in der Nähe des Flusses. Die Einwohner waren Einwanderer.

1920 kam der erste König aus Saudi Arabien. Anscheinend von der Familie des Propheten Mohammad abstammend. Nach den Ottomanen kamen die Britten und 1942 wurde Amman zur Hauptstadt. Jordanien war damals sehr arm (das ist nicht einmal 100 Jahre her!!).

Als 1948 Israel gegründet wurde, wanderten sehr viele Palästinenser ein. Viele Länder unterstützten zu dieser Zeit Jordanien finanziell, um sich zu entwickeln und Gebäude zu errichten. Dies führte dazu, dass Amman in kurzer Zeit sehr gewachsen war.

Die Strassen haben noch heute die ursprünglichen Namen. Sie wurden nämlich nach den ersten Menschen, die da wohnten, benannt.

Wir besuchten den ältesten Früchte- und Gemüsemarkt. Früher war dies ein sozialer Treffpunkt. Unser Guide erzählte, dass „arranged mariage“ oft immer noch ein Thema sei. Nicht unbedingt, dass sich das Brautpaar nicht sieht vor der Hochzeit, aber dass Familienmitglieder und Nachbarn dabei helfen, jemanden „Gutes“ zu finden.

Jordanien sei ein Land, das enorm viel importieren muss. An der „K. Talal“ Strasse kaufen die Jordanier ein, da wird auch zu entsprechenden Preisen verkauft.

Die Menschen aus dem Yemen brachten die Second Hand Kultur und entsprechende Geschäfte nach Jordanien. Dieser Markt existiert immer noch, aber keine Yemenis mehr und mittlerweile gibt es auch viele andere Geschäfte. Was in der Vergangenheit auch nie ein Problem war, waren die unterschiedlichen Religionen und Kulturen. Am Freitag gingen die Muslime zum Freitagsgebet und die christlichen Nachbarn passten auf die Kinder auf. Am Sonntag gingen diese in die Kirche und die Muslime passten auf die Kinder auf.

Der Tour Guide warnte uns davor beim Beduinen Markt „lokale Handmade Produkte“ zu kaufen. Sie würden nicht von den Beduinen gemacht, sondern gekauft und weiterverkauft.

Die „Rainbowstreet“ war die erste Strasse für die Reichen. Heute ist es eine farbige Strasse mit vielen Cafés und Restaurants. Und wahrscheinlich auch Bars. Da ich (fast) keinen Alkohol mehr trinke und es mir nichts sagt, abends in Bars zu sitzen, übersehe ich die oft 🙂

Tierrechte und Tiere essen

Wir liefen auch an einem Teil des Marktes vorbei, wo die Hühner und Tauben in unglaublich schlechten Zuständen gehalten wurden. Einige der Gruppe machten sich darüber lustig, dass oft das ganze Tier gegessen wird. Dazu kann ich nur sagen, wenn man schon ein Tier tötet, dann soll man bitte auch den Respekt haben und alles davon verwenden und zu essen.

Ebenfalls haben sich viele an den Zuständen der Tiere gestört und als ich sie darauf hingewiesen hatte, dass sie dies unterstützen, solange sie einfach Fleisch bestellen, ohne zu wissen woher es kommt, haben einige nochmal darüber nachgedacht und andere die Schuld von sich auf die Händler geschoben. Denn sein Verhalten zu ändern ist oft schwieriger, als mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Sehenswürdigkeiten in Amman

Weitere Sehenswürdigkeiten sind zum Beispiel die Zitadelle, verschiedene Museen, das römische Theater oder die Grand Husseini Moschee.

Restaurants

In vielen Restaurants und Cafés ist Rauchen erlaubt, was ich ganz schrecklich finde und deshalb oft weitergegangen bin.

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Wild Jordan Center – wie bereits erwähnt, eine tolle Adresse für leckeres Essen, aber auch zum arbeiten.

Hashem Restaurant Down Town – local food

Al Kit Kat Restaurant – local food; günstig und am Mittag hatte es jeweils fast keine Gäste, so dass auch nicht geraucht wurde.

Yafa for herbal Drinks – gemütliches Kaffee mit netten Leuten

Caffè Strada – gemütlich und guter Kaffee

Bait Baladna – Locals; Raucher, aber auf dem Balkon war es ok

Günstiges Essen mit Vorspeisen gibt es in den Restaurants, wo auch die Jordanier hingehen. Am besten danach Fragen. Es gibt auch sehr oft Falafel Sandwiches für 50 Cent. Die Sandwiches enthalten meist Falafel-Bälle (du sagst wie viele) und eine Art Tomaten-Gurken-Salat mit Tahina Sauce.

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Begegnungen mit Jordaniern

Generell muss ich sagen, dass mir die Jordanier nicht so sympathisch waren. In Cafés und Restaurants, wo sie Touristen gewohnt waren, war es wie überall und sie waren höflich. Aber auf der Strasse, in Shops und auf dem Markt wurde ich ekelhaft angestarrt und sehr oft wollten sie total überrissene Preise. Für Haferflocken verlangte einer den dreifachen Preis. Ich hatte sie nicht genommen und dann wollte er mir einen Discount geben. Das ist etwas, was ich nicht mag oder zumindest nicht auf diese aggressivere Art.

Planung

Als ich meine Reise durch Jordanien planen wollte, stellte ich fest, dass die meisten Sehenswürdigkeiten „alte Steinhaufen“ waren. Geschichtlich natürlich sehr spannend. Falls dich das interessiert, ist Jordanien dein Ziel. Und natürlich der Iran – meine Nummer 1 🙂

Diese Römischen Ruinen hatte ich schon mehrmals gesehen in Europa und zuletzt im Libanon. Landschaftlich finde ich Libanon, Iran und Saudi Arabien ebenfalls viel Attraktiver und auch die Menschen viel freundlicher.

Ich glaube in Jordanien würde es anders sein mit einer männlichen Begleitung oder vielleicht auch schon zu zweit.

Aqaba

Nach kalten Tagen und bevorstehenden Weihnachts- und Neujahrstagen, entschied ich, in den Süden Jordaniens, nach Aqaba zu fahren. Google zeigte mir schöne Bilder und ich erwartete eine kleine, nicht touristische Stadt. Mit dem Jett Bus fuhr ich in strömendem Regen los und kam bei angenehmen Temperaturen in Aqaba an. Frühling!

Gebucht hatte ich 3 Tage im Hakaika Hostel, welches das erste Hostel in Aqaba war und von zwei Brüdern geführt wird. Ein kleines, sauberes und gemütliches Hostel mit zwei süssen Katzen. Aus den 3 Tagen wurde dann eine Woche.

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Erster Eindruck

Am ersten Abend lief ich in der Stadt herum, am Strand entlang und fühlte mich gar nicht wohl. Die gaffenden Blicke der Männer waren echt unangenehm und ich war das nicht mehr gewohnt. Beim nach Hause laufen sprach ich einer Freundin eine Sprachnachricht drauf und lief bewusst der Hauptstrasse entlang. Normalerweise achte ich nicht wirklich, wo ich lang laufe, denn ich fühle mich immer sicher.

Diesmal lief ich der Hauptstrasse entlang und an einem weissen Pickup vorbei. Als ich vorbei gelaufen war, schaltete der Motor ein und das Auto fuhr langsam hinter mir los. Als es an mir vorbei fuhr, überquerte ich die Strasse und er stoppte auf meiner Seite. Als ich kurz vor dem vorderen Fenster war, hörte ich Geräusche/Gestöhne aus dem Auto. Die Fenster waren unten und der Typ schaute Pornos oder irgendwelche Sex-Szenen. Ich war schockiert und lief schneller.

Als ich in die Seitenstrasse des Hostels abgebogen war, merkte ich, dass er mir folgte. Da ich dachte, dass die nächste Tür die des Hostels war, drehte ich mich um und machte ein Foto von seinem Auto und Nummernschild (dass zu verschwommen wurde, Video ist eine bessere Idee!!). Dann merkte ich, dass ich nicht beim Hostel war und hatte echt schiss. Kurz vor der Hostel Tür kam ein weisser Pickup von der anderen Seite und ich malte mir böses aus. Schnell rettete ich mich ins Hostel wo der eine sofort reagierte und raus ging. Der Pickup, der von der anderen Seite kam, war sein Bruder und der, der mir folgte, war verschwunden.

Ich wollte keine Polizei, da ich die lokalen Gesetze nicht kannte und nur wusste, dass das Land korrupt ist und nicht so, wie man es sich als Europäer wünscht.

In Zukunft vermied ich draussen zu sein wenn es dunkel war und lief nur der Hauptstrasse entlang. Als ich mich einmal verlief und nicht auf der Hauptstrasse landete, kam ein Junge, mit Kapuze und Sonnenbrille (es war dunkel), fasste mich an und fragte ganz komisch, woher ich sei, wie ich heisse, etc. Als ich ihm sagte, er soll mich nicht anfassen, fasste er mich nochmal an und dann sagte ich laut: „don’t touch me!“. Da erschrak er, schaute sich um und rannte davon. Es war ihm also bewusst, dass er was falsches machte. Laut werden ist ein guter Tipp.

Guter Kaffee und eine spannende Begegnung

Da Aqaba sehr touristisch war, wollte ich mir Zeit nehmen um diverses Admin Zeugs zu erledigen, lernen, Saudi Berichte schreiben und entspannen. In meinem Lieblingscafé „V60“ lernte ich, wegen einer Religionsfrage, einen jungen Mann kennen. Er sprach perfekt englisch, war sehr aufgestellt und freundlich und beantwortete meine Frage in wenigen Sekunden.

Ich wollte wissen, was der Grund ist, dass Frauen nicht nur eine Abaya und einen Niqab tragen (nur die Augen zeigen), sondern auch die Augen komplett verdecken. „Das ist Tradition und hat nicht viel mit Religion zu tun.“ Klar, wie überall ist die Art, wie sich Menschen kleiden mit Tradition und Kultur verbunden. Ob in Vietnam, Indien, Brasilien, Saudi Arabien oder in der Schweiz.

Danach unterhielten wir uns für 1.5 Stunden. Am nächsten Tag für fast 12 Stunden und danach planten wir einen kurzen Road Trip zum toten Meer und nach Petra. Unsere Gespräche waren sehr interessant und intensiv. Ich lernte sehr viel über den Islam und die Kultur/Tradition in Middle East. Er war die erste Person, die mir einen Grossteil meiner Fragen beantworten konnte und zwar so, dass ich die Zusammenhänge verstand.

Road Trip

Starten wollten wir am Freitag, nach dem Gebet. Ich lief mit der Buchung zur Vermietung und traf da einen machohaften Mann an. Er meinte, er könne mir das Auto nicht geben, weil die Buchung nicht auf meinen Namen lautete und er sah die Buchung auch nicht im System. Das mit dem Namen machte Sinn, aber dass er die Buchung nicht sah, fand ich komisch.

Ich versuchte dann herauszufinden, wo die Buchung war und wie wir zu einem anderen Auto kamen. Als andere Kunden kamen, die zu viele Buchungen hatten, wollte ich eine dieser Buchungen übernehmen. Er meinte dann, dass er nachher, wenn mein Freund da sei, uns versuche zu helfen. Da ich bisher nicht wirklich gute Erfahrungen mit den Jordaniern machte, traute ich ihm nicht.

Ich kontaktierte per Chat die Buchungsplattform und fragte nach, was mit unserer Buchung sei. Der Herr meinte, wenn die Buchung nicht bei Avis ankam, müsse ich sie auf der Plattform stornieren und ein neues Auto buchen. Der Herr war so höflich und erledigte alles für mich und ich wartete, bis mein Freund kam.

Tja, mein Temperament

Als mein Freund kam, war der machomässige Herr super freundlich und unterhielt sich mit ihm auf arabisch. Dann schaute er ins System und sagte: „now the booking is cancelled.“ Ich schaute ihn an und fragte was das soll? Er hätte mir doch gesagt, dass er keine Buchung hatte. „Ich habe jetzt noch in unserem anderen System geschaut“, war seine Antwort. Äm… der wollte bei mir den coolen Typen spielen und hatte mich angelogen, damit er nachher sagen kann, dass er uns geholfen hatte. Als er mich dann dumm hinstellen wollte, fragte ich ihn, warum er mich angelogen hatte. Die Buchung war ja anscheinend doch im System.

Da tickte er aus und drohte mir, dass er die Polizei rufen könne, weil ich ihn als Lügner bezeichnete. Ich bat ihn dann, dass wir bitte zur Polizei gehen und das klären sollten. Damit hatte er nicht gerechnet und tickte komplett aus. „Bring diese Frau aus meinem Büro!“, meinte er zu meinem Freund.

Wenn ich so nett gebeten werde, verlasse ich so einen Ort natürlich gerne. Mein Temperament ging da mal wieder etwas mit mir durch, aber dieses Verhalten kann ich gar nicht haben. Und ich war mir sicher, dass er bei mir, weil ich eine Frau war, der coole Typ spielen wollte. Es war nicht das erste Mal. Irgendwie war das ein Verhalten, dass ich bei einigen Männern in Middle East beobachtete. Sie hatten das Bedürfnis, etwas zu tun und mich zu unterstützen und zu zeigen, dass sie gut und nett sind.

Ich schätze es auch sehr, wenn Menschen freundlich sind und mich unterstützen möchten. Aaaaaber…. bitte auf Augenhöhe und mit Dingen, die ich wirklich benötige und eine Unterstützung darstellen und nicht mit irgendwelchen Halbwahrheiten.

Naja, wir fanden dann nach etwas herumlaufen ein anderes Auto, bei freundlichen Vermietern und einem günstigeren Preis. Es war also alles super und meinem Temperament sei dank 🙂

Totes Meer

Los ging unsere Reise mit ein paar Stunden Verspätung. Baden und Sonnenuntergang geniessen war der Plan. Angekommen waren wir erst nach Sonnenuntergang und bis wir irgendwo im Dunkeln einen Schlafplatz fanden, verging auch noch etwas Zeit. Es war windig und kühl, wir stellten das Zelt auf und richteten uns ein. Um 23 Uhr windete es so fest, dass wir nicht schlafen konnten und wir entschieden, wieder alles ins Auto zu bringen und da zu schlafen. Das Zelt wollten wir am Morgen abbauen.

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Um 7 Uhr wachte ich auf und… es regnete! Irgendwie war das nicht Teil des Planes. Zum Glück waren wir jedoch im Auto. Das Zelt lag am Morgen flach auf dem Boden. Als der Regen aufhörte, genossen wir die Natur und suchten einen Platz, wo wir baden konnten ohne 40 Dollar Eintritt bezahlen zu müssen.

In einem Café zeigte uns ein Angestellter einen Ort, an dem wir keinen Eintritt bezahlen mussten um ins Wasser zu gehen. Wir waren sehr erstaunt, dass fast das ganze tote Meer nicht frei zugänglich war.

Es war sehr windig und kalt, so dass ich Leggings und ein Langarmshirt zum baden anzog. Brrrr. Aber am toten Meer sein und nicht reingehen ging dann doch nicht.

Gemütlich war es aber nicht, denn es war schlammig oder wir mussten auf Steine und die Wellen achten. Aber es ist schon cool, so auf dem Wasser liegen und sitzen zu können. Als wir raus kamen machte uns ein älterer Herr, der da einen kleinen Stand hatte, einen Tee, spielte auf der Rababa, einem traditionellen Instrument, und sang Lieder dazu. Das war definitiv der gemütlichere Teil.

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Mount Nebo und Madaba

Es war suuuuper kalt und regnete. Trotzdem machten wir einen Stopp beim Museum und dem christlichen Ort wo Moses gewesen sein soll. Auch in Madaba regnete es und wir hatten nur Zeit, uns kurz das Museum anzusehen. Die Stadt hatte uns beiden sehr gefallen und wir wären gerne länger geblieben. Da es jedoch früh dunkel wurde und wir einen Schlafplatz hatten, mussten wir weiterfahren.

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Ma’an

Es regnete und hatte starken Nebel auf dem Weg zur Schwester meiner Begleitung. Draussen war es etwa 4 Grad. Und im Haus auch, ausser im einen Raum wo geheizt wurde. Wir konnten unsere Kleider waschen, wurden bekocht und ich bekam heisses Wasser in einem Eimer, damit ich „duschen“ konnte.

Die Familie war sehr freundlich. Die Schwester voller Energie, der Mann eher zurückhaltend und das Kind suuuuuper schüchtern, aber sehr süss.

Mein Freund fragte ihn, ob er die Tür schliessen würde. Er verneinte. Dann sagte er: „die Lady hat kalt“. Dann sprang das Kind auf, rannte zur Tür und machte sie zu. Sooo süss!

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Die Schwiegermutter brachte mir ein paar Socken (ich trage eigentlich nie Socken in meinen Schuhen) und Leggins, die zu meinem Kleid aus Saudi Arabien passten. Ich denke, sie dachte ich erfriere 🙂

Wir hatten da geschlafen und wollten am Morgen früh los nach Petra.

Petra

Mit früh los gehen, wurde es irgendwie nichts. Um 9 Uhr starteten wir unsere Wanderung in Petra. Eigentlich war der Plan mal so um 7 Uhr. Wir sahen die Routen an, die wir machen wollten und die Karte meinte, das dauerte 12 Stunden. Um 17 Uhr schloss das Gelände und wir dachten, wir laufen mal los und finden dann schon einen Weg raus, wenn wir nicht rechtzeitig zurück sind.

Das Gebiet ist riesig! Es gibt diverse Wanderwege mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die meisten Touristen laufen bis zum bekannten „Treasury“ und schauen sich da um.

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Wir liefen den orangen Weg (Karte) hoch und dann war der Weg schnell nicht mehr voller Menschen. Wir waren oft alleine und konnten die Ruhe und Natur ganz für uns geniessen.

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Am Ende führten Treppen hoch zur Monastary, wo wir unser mitgebrachtes Mittagessen assen.

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Als wir wieder beim Eingang waren staunten wir etwas, denn die Wanderung dauerte nur 5 Stunden, statt 12. Auch gut 🙂

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So hatten wir noch Zeit für eine Pause und einen guten Kaffee im Mövenpick Restaurant. Bessere Hotels sind oft meine Notlösung, wenns sonst keinen guten Kaffee gibt. Das Restaurant war sehr schön, gemütlich mit passender Musik.

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Danach sahen wir uns auf dem Hügel den Sonnenuntergang an und fuhren zurück Richtung Aqaba.

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Gut zu wissen

Ich war super froh, dass ich eine Begleitung für Petra hatte. Crazy Stories hatte ich gelesen und gehört und ich erinnerte mich an den letzten Petra-Besuch vor 6 Jahren. Viele nervige Typen. Anscheinend sei das noch viel schlimmer und als Frau alleine sollte man wirklich aufpassen. Es gibt einen Account auf Instagram „Shakira the donkey“. Da werden die Beduinen als „Romance Scams“ bezeichnet und viele Fotos und Nachrichten geteilt, wie sie sich an Touristinnen heran machen, welche Standardsprüche sie schreiben etc. Ganz ekelhaft!

Zurück in Aqaba

Ich konnte die letzte Woche bei meinem neugewonnenen Freund wohnen. Er wohnte alleine und hatte zwei leere Zimmer. Wir redeten immer unendlich viel über verschiedene Themen. Es war teilweise echt anstrengend. Ich bekam zum Beispiel im Thema Islam so enorm viele Antworten und neue Inputs, die es im Westen eben nicht gibt, dass ich richtig merkte, wie sich mein Hirn neu verknüpfte. Das war sehr anstrengend. So anstrengend, dass ich eine Pause brauchte von allem und während zwei Tagen praktisch nur rum lag, ass und viel schlief. Sobald ich daran dachte, dass ich lernen, Mails schreiben oder lesen wollte, wurde es mir schwindelig und ich wusste, dass ich einfach nur Ruhe brauchte.

Ich merkte, wie meine Muster und mein Denken, die über die letzten 20 Jahre angelegt wurde, aufbrachen und veränderten. Und das alles in etwa einer Woche.

Für all diese Gespräche bin ich sehr dankbar, denn es vermittelte mir ein richtiges Bild und gab viel Verständnis. Im Westen wird nur gegen die Moslems geschrumpften, nur extreme Aussagen propagiert, etc. Oft spielen da aber Kulturen, Religionen und Geschichte einen viel grösseren Teil. Oder die Bildung und die Staatsformen. Wenn man in einer Diktatur aufwächst, dann lernt man nicht, alles zu hinterfragen und selber zu denken. Sprich, es ist auch schwieriger, von diesem Standpunkt aus, Religion, Kultur und Traditionen zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verändern. Zudem besteht für die Menschen oft auch kein Bedarf, sie kennen nichts anderes.

Nicht nur die Moslems sind so…

Das hat nichts mit Moslems zu tun. Auch bei Christen in den Philippinen oder Taiwan, oder bei den Hindus auf Bali beobachtete ich dasselbe. Und nur so nebenbei, das ist auch in Europa nicht anders, auch nicht da, wo Religion und Staat getrennt sind. Noch heute befinden sich die meisten Menschen im Hamsterrad. Machen was ihnen gesagt wird, glauben was sie in den Medien sehen, usw. Warum sollte man auch das, was für einem selbst gut und normal zu sein schein, hinterfragen?

Jedenfalls bringen Hass und Aggressionen niemandem etwas. Nie.

Wenn Essen nicht nährt

Eines Tages gingen wir zu einem Falafel Shop. Ich wollte mal die lokale Bohnenspezialität probieren. Also bestellten wir Salat, Humus, Bohnen und Falafel. Nach 2 Bissen brachte ich nichts mehr runter. Ich merkte, wie dieses essen mich nicht sättigte, mir keine Energie gab. Er war etwas erstaunt, ass alles selber und danach machten wir einen Früchte und Gemüse Grosseinkauf, mit Ideen, von denen er noch nie was gehört hatte.

Aber ich brauchte Gemüse. Frisches und rohes Gemüse. Das (ver-) kochte und ölige Essen war nichts für mich.

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(Roh-) vegane Versuchung

Von da an, hatten wir meistens roh veganes Essen zubereitet, super leckere Frühstück-Bowls, Smoothies oder roh veganen Kuchen zubereitet. Wir hatten es geliebt zu essen. Es war schön, diese Leidenschaft mit jemandem teilen zu können.

Als wir Brokkoli-Tomaten-Salat, Blumenkohl-Tahina-Salat, Karottensalat und Pilze mit Granatapfel Melasse gegessen hatten, schaute er mich an und meinte „danke, für dieses Essen. Ich glaube, das ist das Beste, was ich je gegessen habe!“. Da geht mein Herz auf. Ich liebe es, wenn gesundes und lebendiges Essen den Menschen schmeckt!

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Schweizer Rösti mit jordanischem Einfluss

Einmal machten wir Rösti. Ich die Kartoffeln und er die „Rahm-Sauce“ mit Tahina (Sesam). Tahina, Zwiebeln, Pilze und Petersilie war meine Anleitung. Ohne zu berücksichtigen, dass in der Arabischen Küche oft sehr viel Petersilie verwendet wird… nun wir hatten auch eine leckere Sauce, aber nicht ganz wie gedacht. Geschmeckt hatte es trotzdem. Ach ja und die Rösti wurde etwas dunkel, denn mit Gas zu kochen ist echt manchmal eine Herausforderung.

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Vom Leben lernen

Die Zeit in Jordanien war also sehr intensiv. Weniger wegen dem Reisen, sondern wegen dem, was ich vom Leben gelernt hatte. Wieder einmal. Vom Leben und den Menschen, davon lernt man am meisten. Ich lerne immer sehr vieles über andere, aber auch über mich und finde es unglaublich wertvoll. Dieses Wissen und Verständnis findet man in keinem Schulbuch. Auch nicht an Top-Unis 😉

Muster und Prägungen

Jeder von uns wuchs in einem bestimmten Umfeld auf. Muster und Prägungen begleiten uns durch das ganze Leben. Massgeblich beeinflusst wird das Ganze durch dir Region und Kultur in der wir aufwachsen. Doch, ob dies die einzige Wahrheit ist, das bleibt zu hinterfragen. Denn genauso wachsen auch die anderen Menschen in ihren Systemen, Kulturen, Religionen und einem Umfeld auf.

Ich hatte gemerkt, wie stark gewisse Annahmen und mein Wissen von der westlichen Gesellschaft geprägt war. Punkte, die ich bisher nie hinterfragt oder gar nie ein Thema waren, wurden richtig gestellt. Ein Haupt-Learning war auf jeden Fall, dass es einen grossen Unterschied zwischen Religion und Kultur gibt und im Westen das alles gemischt wird. Die Darstellung ist oft eine Zusammenfassung aus dem Extremsten und dies prägt unser Bild.

Zudem wird vom westlichen Standpunkt beurteilt ob etwas richtig ist oder nicht. Dabei steht es niemandem zu, über etwas anderes zu urteilen. Und es bringt auch nichts. Einfacher wäre es, das Gegenüber zu verstehen.

Die eigene Wahrnehmung ist nicht die einzige Wahrheit. “Kann das Gegenüber es anders sehen?” – wenn die Antwort “ja” lautet, ist es meine Wahrnehmung und nicht die absolute Wahrheit.

Wie immer wurde mir bestätigt, dass die Wahrheit nicht in den Medien und Schulbüchern zu finden ist. Es gibt sie nur draussen. In der Welt. Bei den Menschen. Dort wo das Leben stattfindet.

Mehr Liebe, weniger Hass. Das ist es, was die Welt braucht. Du, ich und die Menschen auf der ganzen Welt. Wir alle haben die selben Bedürfnisse. Wenn wir alles darauf reduzieren können, können wir uns verstehen und ein Miteinander ist möglich.

Bitte halte deine Augen offen, hinterfrage und wenn du es nicht wissen kannst, glaube nicht blind was dir erzählt wird.

Reise! Geh raus, verlasse deine Komfort-Zone, verbinde dich und sei offen ❤️

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