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Saudi Arabien – als Frau alleine mit Rucksack

Saudi-Frau

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Saudi Arabien – als Frau alleine mit Rucksack

Lange war das Land für Touristen und Reisende verschlossen. Alleinstehenden Frauen ohne männliche Begleitung sowieso. Seit dem 27. September 2019 ist alles anders! 1.5 Jahre hatte ich auf das Visum gewartet und konnte am 25. November 2019 in Riyadh landen. Das Königreich Saudi Arabien (KSA Kingdom of Saudi Arabia) hatte mich freundlich empfangen. Der Flughafen (und schon das Flugzeug) war voller Männer und die wenigen Frauen die ich sah, zeigten nur Augen. Und dann kam ich, eigentlich nackt. Weiss und keine Ahnung.

Visa-Saudi-Arabia

„Welcome to Saudi Arabia!“, sagte die Beamtin lächelnd unter ihrem Niqab und gab mir den Pass zurück. Yes, I made it! Keine Vorstellung, nur super gespannt und irgendwie war da die Angst, etwas falsch zu machen. Ich wusste, dass ich die Religion und die Königsfamilie nicht in der Öffentlichkeit in Frage stellen durfte. Doch ich war auch überzeugt, dass es in diesem konservativen und religiösen Land, welches die heiligste muslimische Stadt, Mekka, beheimatete, noch mehr strikte Regeln geben würde.

Die Freundlichkeit der Menschen war mir schnell aufgefallen. Und auch, dass das Land Geld hatte. Ob sich Vorurteile wie, dass Frauen keine Rechte haben, sich strikt an die Gesetze und Vorschriften bezüglich Verhalten und Kleidung halten mussten, dass die Menschen ultrakonservativ sind, alle teure Autos fahren, Saudis nicht arbeiten und und und. Aber auch wie es ist, als eine der ersten Frauen alleine in Saudi Arabien herum zu reisen, welche Herausforderungen das Land für Touristen mit sich bringt und vieles mehr, galt es herauszufinden.

Ich konnte es echt kaum erwarten, Saudi Arabien zu bereisen. Vorbereitet hatte ich mich nicht gross, da die zwei Wochen zuvor im Iran das Internet abgestellt wurde und ich somit keine Möglichkeit dazu hatte. 1.5 Jahre hatte ich auf die Info gewartet, dass es ein Touristen Visum gibt. Mein Plan war, mit dem Formula E Event-Visum ins Land zu kommen und hoffentlich 30 Tage Aufenthalt zu erhalten.

Saudi Arabien Visum beantragen

Am Freitag, 27. September 2018 war es soweit und Saudi Arabien hatte offiziell das Touristen Visum eingeführt. Ich hatte mich sofort bei der Botschaft in Bern erkundigt, wie was wo ich das Visum beantragen konnte. Denn ich wusste, am 1. November ging es für mich wieder los, wohin war zu dem Zeitpunkt noch offen. Doch das Universum hat meine Gebete erhört und den Visumsprozess vorangetrieben 🙂

Der sehr höfliche Herr bei der Saudischen Botschaft war doch etwas erstaunt und meinte „das Visum gibt es erst seit heute, wir wissen auch nicht mehr. Vielleicht rufen Sie besser am Montag nochmal an. Oder kennen Sie Google? Da können Sie suchen nach Visum und Saudi Arabien. Vielleicht finden Sie etwas.“. Da hatte meine ungeduldige Seite mal wieder richtig das Steuer übernommen. Also wartete ich und googelte am Montag und tattaaaa, hier konnte ich das Visum beantragen.

Ich konnte es kaum glauben und hatte sofort das Visum beantragt. Keine 10 Minuten später hatte ich eine Whatsapp Nachricht und eine E-Mail mit dem Visum! Da war ich total aus dem Häuschen! Das strikte und anscheinend so konservative Saudi Arabien hatte mir das Visum erteilt, trotz meinen Aufenthalten im Iran und in Israel. Einreise alleine, als Single Frau. Na, das Abenteuer konnte also los gehen!

Ich reiste zu erst noch in den Iran, weil ich nicht wusste, ob mich der Iran mit dem Saudi Visum noch einreisen lässt und ich sehr gerne meine Freunde besuchen und andere Ecken des wunderschönen Landes bereisen wollte.

Einreise in Riyadh

Am 25. November 2019 war es soweit, die Reise in das unbekannte Land startete. Die letzten 11 Tage im Iran hatte ich kein Internet, da es fast im ganzen Land Proteste gab, nach der Benzinpreiserhöhung um das Dreifache pro Liter. Die Regierung hatte kurzerhand das Internet abgeschaltet und ich war tatsächlich 10 Tage offline. Am 11. Tag funktionierte das Internet in den Geschäften und einigen Hotels wieder und ich konnte das nötigste machen. Unter anderem mein Visum drucken.

Mein Flug ging von Shiraz (Iran) nach Muskat (Oman) und von da nach Riyadh (Saudi Arabien). In Shiraz fand ich den wohl ineffizientesten Check-in und Passkontrolle Prozess vor. Es ging nicht vorwärts und ausser einem deutschen Paar, waren alles Menschen aus dem Oman in der Schlange. Sie drängelten, hatten hunderte von Koffern und waren recht entspannt. Einer war recht lustig und als ich ihn fragte, ob ich im Oman das Kopftuch tragen müsse meinte er nein, das könne ich ihm geben.

Boarding war zu spät und ich die einzige ohne Kopftuch im Flieger, was mich kurz verunsicherte. Aber es ist für mich einfach ein Gefühl von Freiheit, wieder alles zu sehen (so weit der Blickwinkel eben reicht), alles zu hören und nicht dauernd den verrutschen Schal zurechtrücken zu müssen. Und mich zeigen zu dürfen.

Nun gut. Der Flug dauerte etwas länger als eine Stunde. Nach der Ankunft hatte ich etwa 70 Minuten Zeit zum umsteigen. Da ich nur mit Handgepäck reiste, dachte ich reicht das locker.

Reisen mit Handgepäck

Ach ja, noch kurz zum Thema Handgepäck. Ich hatte mir den tollen Rucksack von Osprey gekauft, der ideal sei als Handgepäck. Für den Flug nach Tehran hatte ich noch einen Rucksack für eine Freundin dabei und da noch ein paar Sachen aufgegeben. Jetzt war ich mit meinem Osprey, einem kleinen Rucksack und einer Tasche voll essen und noch ein paar kleinen Dingen unterwegs. Ich trug eine Thermohose, eine Yogahose und die Jeans, die ich extra für Saudi mitgenommen hatte. Oben zwei Shirts, zwei Jäcklein, die Regenjacke und das Kopftuch. Ja, es war etwas heiss. Doch das Chaos in Shiraz hatte auch seine gute Seiten: Sie hatten meinen Rucksack gewogen (12 statt 7 Kilo), nichts gesagt und den Rest etwas erstaunt zur Kenntnis genommen, mich aber gehen lassen. Der erste Versuch hat also noch Verbesserungspotenzial.

Anschlussflug fast verpasst

In Muskat angekommen musste ich auf die Toilette und hatte mich nicht beeilt, denn ich war ja im Transit und wohl schon fast beim Gate. Als ich nach dem Weg fragte merkte ich, dass ich nur eine Bordingkarte in Shiraz erhalten hatte und ging zum Schalter. Da waren zwei Herren leicht aufgeregt. „Woher kommst du so spät? Ah Shiraz“. Iraner müssten jetzt sicher schmunzeln, weil Shiraz dafür bekannt sei, etwas gelassener und langsamer zu sein. Ich müsse mich beeilen, sie schliessen das Gate. 3 Minuten später war ich in der Gate-Halle und sah, dass mein Freund in Saudi Arabien mich bat, eine Stange Zigaretten zu kaufen. Ich dachte, ich habe ja noch fast eine Stunde Zeit, also warum nicht. Ich fragte mich durch bis ich beim Dutyfree Shop mit den Zigaretten war, kaufte sie und machte mich auf den Weg zum Gate.

„Riyadh! Riyadh!“, schrie ein Mann. Ich schaute ihn an und sagte „Riyadh“. „Ooh wo warst du??? Wir warten auf dich! Du bist die letzte! Wir müssen das Gate 20 Minuten vor Abflug schliessen!! Du hast noch 2 Minuten!“. Ooops dachte ich und lief schneller. Vollbepackt. Durch das Funkgerät teilte er mit, dass er mich gefunden habe und bekam dafür ein „good job man!“. „Treppe runter, gerade aus und rechts!“. Da war rennen angesagt. Mein Sitz war in der Reihe 21 was hiess, dass ich fast durch das ganze Flugzeug laufen musste. Ich war voll beladen und soweit ich das sah, die einzige Frau im Flieger. Mittlerweile hatte ich auch bemerkt, dass es eine halbe Stunde Zeitunterschied gab vom Iran in den Oman.

Ich kam also total verschwitzt in der Reihe 21 an und durfte mit Freude feststellen, dass die ganze Reihe für mich war. Es war so heiss, dass ich mein Jäcklein ausziehen musste. Als der Herr neben an zu mir rüber schaute, war ich unsicher, ob T-Shirt verboten war resp. für Aufsehen sorgen könnte und zog mich schnell wieder an.

Nun ging die Reise also definitiv los. Mit zu viel Gepäck, der Packung Zigaretten und als eine der einzigen Frauen in einem ganzen Flugzeug.

Was wird mich erwarten in Saudi Arabien?

Ich war soooooo gespannt auf Saudi Arabien. Wie ist das Land, die Menschen, die Kultur, Religion und Gesetze? Anscheinend sei es ein Auto-Land. Ich laufe aber gerne resp. ich muss laufen und mich bewegen, ansonsten explodiere ich vor Energie. Und dauernd in ein Gym gehen mag ich auch nicht. Wie wird das Essen sein? Die Beziehung Frau-Mann? Wie offen oder verschlossen sind die Menschen? Was denken sie über den Westen? Die Saudis sind ja nicht in ihrem Land gefangen wie die Iraner. Reisen sie mehr? Oder sind das nur einige wenige? Wie schauen die Städte aus? Was hat das Land zu bieten, was ich noch nie gesehen habe?

Jedenfalls hatte ich einiges an Unterlagen dabei, die ich durcharbeiten wollte, damit ich da auch wieder Gepäckgewicht entsorgen konnte. Es war also klar, dass es ein langsames Ankommen und Reisen werden wird. Ende Januar plante eine Freundin, mich für einen 10-tägigen Roadtrip zu besuchen und ich hatte sicher 2 Monate Zeit, mir das riesige Land zu Gemüte zu führen. Mann war ich gespannt!

SIM Karte

Am Flughafen holten mich zwei Jungs ab, die ich ein paar Monate zu vor in Georgien kennengelernt hatte. Beide trugen den Thawb, das weisse traditionelle Kleid für Männer. Sie halfen mir beim SIM-Karten kauf und empfahlen mir eine der Firma STC. Bei allen Abos waren Social Media unbegrenzt nutzbar. Das war schon der erste Indikator dafür, dass die Saudis sich gerne auf den Sozialen Medien verweilen. Weil ich wusste, dass ich sicher zwei Monate in Saudi Arabien bleiben würde und ich sicher sein wollte, dass ich genügend Internet hatte, kaufte ich direkt das 100 GB Paket. So konnte ich auch jederzeit einen Hotspot für meinen Laptop und meine Freundin machen, ohne mir Gedanken machen zu müssen. Das ganze kostete ca. CHF 75.00.

Die erste Nacht in Riyadh

Danach fuhren sie mich zum Hotel, wo ich eine Nacht gebucht hatte. Das Zimmer war gross, hatte aber einen Rauchgeschmack. Weil im Iran die Luft so dermassen verschmutzt war und ich nie mit offenem Fenster schlafen konnte, hatte ich gar nicht daran gedacht, dass ich hier das Fenster hätte öffnen können. Erst am Morgen, als ich wegen dem Gestank erwachte öffnete ich das Fenster und stellte fest, dass die Luft ganz ok war. Trotzdem wollte ich hier nicht noch eine Nacht bleiben, da die Zimmerpreise auch noch teurer wurden. Statt CHF 25.00 wollten sie fast CHF 40.00. Die Preise für Übernachtungen sind allgemein recht teuer im Vergleich, was ich sonst so bezahlte auf meinen Reisen. Da der Tourismus erst beginnt und es auch noch keine Hostel gibt, sind Hotels die einzige Möglichkeit.

Ich fand ein Hotel für CHF 15.00 und buchte es für 3 Nächte. Als ich später meinen Freund und seine Familie bei ihnen zu Hause traf, meinten sie, dass die Gegend, in der das Hotel sei, nicht sicher sei. Es gäbe viele Arbeiter aus Bangladesch, Indien und Pakistan. Das wäre für eine Frau eher nicht der geeignete Ort. Da ich in dieser grossen Stadt sowieso immer ein Taxi benötigte, sah ich kein Problem darin. Sie meinten dann jedoch, dass ich bei ihnen schlafen sollte. Die erste Nacht im Empfangsraum und ab der zweiten, als alles bereit war, in der Wohnung im Zimmer mit der einen Tochter. Mein Freund und seine Familie wohnten in der Wohnung darüber. Er hat eine Frau und zwei süsse und aktive Jungs.

Von da an wohnte ich also bei der Familie, zusammen mit der Mutter, zwei Jungs und vier Mädels. Krass so eine grosse Familie! Die eine studiert in Australien Krankenschwester, die eine ist Doktor, die jüngste studiert ebenfalls Medizin und die älteste hat verschiedenste Abschlüsse und arbeitete bei der Regierung im Gesundheitsbereich. Damit hat sich, falls da eine war, die Frage bereits geklärt, ob Frauen studieren und arbeiten dürfen. Sie dürfen. Unis sind nach Geschlecht getrennt und Büros teilweise auch.

Genau so wie einige Cafés und Restaurants. Religiöse konservativere Familien bevorzugen separate Locations. Andere sind da offen und es spielt keine Rolle. Im Dezember 2019 wurde das Gesetz aufgehoben, dass Restaurants abgetrennte Räume haben müssen.

Religion und Dress Code

Die meisten Menschen, die sich nicht mit Saudi Arabien auseinandersetzen und nur die Mainstream Medien verfolgen, gehen automatisch davon aus, dass Saudi Arabien hoch konservativ und sehr religiös ist. Und zwar jeder einzelne Mensch in Saudi Arabien. Nun, das ist natürlich nicht so. Das alles hier zu erklären würde zu lange dauern. Aber lass mich dir sagen, dass nie alle Menschen in einem Land gleich sind. Ein Kopftuch mag für uns nach striktem Islam aussehen. Oft ist es aber auch nur Tradition und Gewohnheit. Viele Menschen beten, weil es Gewohnheit ist. Genau so, wie es bei der Generation unserer Grosseltern noch oft der Fall war. Und ich bin mir sicher, dass sich alles genau so verändern wird, wie es sich bei uns auch verändert hat.

Saudi-Frau

Die Entwicklung Saudi Arabiens

Wenn man Saudi Arabien während den letzten 50 Jahren betrachtet, dann hat das Land, durch das Öl, einen enormen Fortschritt gemacht. Wenn ich mir ansehe, was in der Schweiz vor 50 Jahren war, dann muss ich immer Schmunzeln. Denn das Frauenwahl und -stimmrecht war beispielsweise nicht gewährleistet. Konkubinat war verboten. Der Mann war das Oberhaupt der Familie. Sooo weit sind wir von vielem, was verurteilt wird und wovor der Westen Angst hat, nicht entfernt. Dies, so denke ich, kann zu unserem Verständnis beitragen.

Bevölkerungszuwachs

1938 wurde das Öl in Saudi Arabien entdeckt was heisst, dass der ganze Reichtum und die Entwicklung vor 80 Jahren startete.

Aktuell leben in Saudi Arabien etwa 30 Millionen Menschen, wobei 1/3 Ausländer sind. In Riyadh, der Hauptstadt, leben rund 8 Mio. Menschen. 1924 waren es noch 30’000. In Jeddah leben 4 Mio. Tendenz steigend. Ich finde das sehr eindrücklich. Bestimmt ist nicht alles gut was in Saudi Arabien abläuft. Aber wenn man sich vorstellt, dass ein Land mit einer Fläche von 2.2 Mio. km2 erschaffen hat und wie es anscheinend auch für seine Bevölkerung sorgt, finde ich das eindrücklich.

Das Bild im Westen

Im Westen werden oft Bilder von Frauen, die den Niqab tragen gezeigt. Das heisst, dass sie nur die Augen zeigen. Ich finde das höchst komisch und sehr unangenehm und meide es, mit einer Frau resp. Ihren Augen zu reden. Auch wenn sie nett sind und ich weiss, dass es einfach Tradition ist. Ich für mich möchte einen Menschen sehen, wenn ich mit ihm rede. Trotzdem, für sie ist das normal und ein Grossteil wählt das für sich so. Aus Glaubensgründen oder aber auch aus Gewohnheit. Wenn das alle machen, dann fühlt man sich doch komisch, plötzlich sich nackt in einer Gesellschaft zu zeigen, wo das nicht üblich ist.

Ob die Verschleierung obligatorisch war, habe ich irgendwie nie herausgefunden. Einige sagen nein, sie hätten nie ein Kopftuch getragen. Andere sagen, es war mal Gesetz. Ich denke, weil ein Land wie Saudi Arabien politisch nicht so aufgestellt ist wie die Schweiz zum Beispiel, vermischt sich oft Gesetz und Tugend, was man halt so macht oder eben nicht. Oft auch bei Dingen, die für uns unverständlich sind und vielleicht genau deshalb unverständlich(er) sind.

Was auf jeden Fall Tradition ist, sind die Abaya für Frauen und das weisse Kleid und die rot-weisse Kopfbedeckung für Männer.

Vorschriften für Touristen in Saudi Arabien

Für Touristen gilt: Schultern und Knie müssen bedeckt sein. That’s all. Da finde ich, ist aber Feingefühl gefragt. Ich habe zum Beispiel nie meine Haare bedeckt. Aber am Abend und in abgelegenen Regionen, habe ich meine Abaya getragen. Genau so, wie man das im Rest der Welt meistens auch handhabt und sich wohlfühlt.

Religion und Prayer-Time in Saudi Arabien

Zum Punkt der Religion: In Saudi Arabien ist der Sunnitische Islam vorherrschend und es gibt 5 Beteinheiten pro Tag. Diese dauern für viele Personen manchmal nur 2-3 Minuten. Ich denke, daran sieht man, wie ernst und streng es viele Menschen nehmen. Grundsätzlich finde ich diese 5 Einheiten wertvoll und sollten weltweit eingeführt werden. Einfach als kurze Pausen um durch zu atmen, sich mit sich zu verbinden und als Pause vom stressigen Alltag. Ich denke, wenn jeder, 5 mal am Tag für 10 – 15 Minuten hinsetzt, ohne Handy oder andere Ablenkung, die Augen schliesst oder vor sich auf den Boden schaut, tief durchatmet, schaut wie er/sie sich fühlt, was einem beschäftigt, wofür man dankbar ist, etc. Würde die Welt anders aussehen.

Trotzdem eine kleine Anmerkung: Die Prayer-Time machte mir oft einen  Strich durch die Rechnung und ich hatte nie verstanden, wie der Tagesablauf war. Irgendwie war immer Prayer-Time wenn ich was brauchte 🙂

Nun, so viel zu den Themen. Dazu gäbe es stundenlange Unterhaltungsmöglichkeiten und endlose Posts, aber ich denke, das reicht für jetzt.

Leben mit der Familie in Riyadh

Ich wohnte für 6 Nächte bei der Familie. In dieser Zeit hatten wir viel gegessen, geredet und mit den Kindern gespielt. Falafel im Auto gegessen, zu Hause arabisch und äthiopisch und einmal gab Schweizer Rösti mit Gemüse und statt einer Pilz-Rahm-Sauce die vegane Variante mit einer Pilz-Tahini-Sauce. Alles war immer sehr lecker und schmeckte allen. So macht essen Spass! Da immer für sehr viele Personen gekocht wurde, gab es immer einige verschiedene Gerichte, was natürlich nicht möglich ist in einem Single- oder Zwei-Personen-Haushalt. Es gibt aber auch einiges mehr abzuwaschen wenn man für 10 Personen kocht.

Es wurden immer spontan Pläne geschmiedet für Kaffee, die Stadt anschauen, Kaffeekränzchen zu Hause, in die Wüste für den Sonnenuntergang, etc. Es lief immer etwas und meine Pläne zu lernen oder die Saudi Arabien Reise zu planen schoben sich immer wieder hinaus.

Saudi-Swiss Hund-Saudi-Arabia

Der Respekt und das Zusammenleben

Respekt wird gross geschrieben und erwartet. Die jüngeren müssen den älteren Gehorchen. Als ich gefragt habe, ob das ausgenutzt wird, wurde ich fragend angeschaut und sie meinten mit einer Selbstverständlichkeit „nein“. Wenn das wirklich so funktioniert, finde ich das ein schöner Umgang und es klingt definitiv anders, als ich das sonst kenne.

Was mich mega faszinierte war, dass andere nicht dauernd bewertet und verurteilt werden. Jeder lebt und macht was ihm gefällt. Es sei eine fundamentale Regel im Islam, dass nur Gott bewerten kann. Das sah man zum Beispiel in der Familie, bei der ich in Riyadh gewohnt habe sehr stark, wenn es um die Kleidung geht. Von schwarzer Kleidung und dem Niqab, der nur einen Schlitz für die Augen zu lässt, bis kein Kopftuch und eher sexy gekleidet inkl. ultra-kurzhaarschnitt gab es alles bei den Frauen. Einige glaubten, dass es richtig sei, nur die Augen zu zeigen, andere glaubten nicht daran, ob wohl sie alle Islam praktizieren. Spannend, nicht? Niemand redet dem anderen rein. Jeder soll, wie es für sie stimmt.

Auch bei den Männern. Die einigen ziehen das traditionelle weisse Gewand an in der Öffentlichkeit. Einige auch das rot-weisse Tuch auf dem Kopf. Andere wie in der Schweiz Jeans, T-Shirt und Turnschuhe.

Kein Muss, aber Tradition. Und natürlich, wie überall, kommt es auf die Familie an.

Geld? Alles ist zum teilen

Was ich auch spannend fand war, dass Geld anscheinend keine Rolle spielte. Alle hatten genug und alles wurde geteilt. Die älteren Geschwister kaufen den jüngeren ein Auto und wenn jemand gerade kein Geld hat, dann kaufen es die anderen. Sie haben mehr Einnahmen als Ausgaben und deshalb ein sehr entspanntes Verhältnis zu Geld.

Schwestern und Brüder teilen Zimmer. Ich hatte mich gefragt, wann am Tag die Menschen Zeit für sich hatten. Um ihren Bedürfnissen nachzugehen, sich auf sich zu konzentrieren und für persönliches Wachstum. Ich denke, das ist ein Bereich, der auf der Strecke bleibt und ein Vorteil in unserer Gesellschaft ist.

Mein entspannteres Verhältnis zum Islam

Was mir an mir schnell aufgefallen war ist, dass ich bisher trotzdem immer noch ein etwas angespannteres Verhältnis zum Islam hatte. Dass ich immer dachte, dass die Menschen, die Islam praktizieren, mich als etwas Falsches betrachten, weil ich Christin bin oder gar ungläubig (je nachdem was ich ihnen sagte).

Im Iran zum Beispiel ist das Kopftuch Gesetz und die Menschen werden gezwungen, was natürlich nicht funktioniert. Die Menschen, die aber die Regierung unterstützen, die spielen Aufpasser und weisen andere darauf hin, dass sie sich „richtig“ kleiden sollen. Das andere, freiere wird also als falsch angeschaut und unterdrückt.

In Saudi Arabien wurde ich nie und in keinem Gespräch für etwas verurteilt. Im Gegenteil. Meine Meinung wurde zur interessiert Kenntnis genommen, hinterfragt und akzeptiert. Ich hatte sehr viel Respekt gespürt. Und das in dem Land, wo die Menschen am konservativsten sein sollten. Wir hatten sehr viele gute und interessante Gespräche und ich stellte fest, dass die Menschen oft über dieselben Themen sprachen wie ich es nur aus der spirituellen Szene kannte. Wichtig scheint, dass man nicht verurteilt und bewertet, sein Herz öffnet, gut zu anderen ist, positiv denkt und Probleme anerkennt und löst und sich nicht in Drogen oder Alkohol flüchtet.

Ich durfte wieder einmal einiges zum Thema Kultur, Tradition und Religion lernen und muss einmal mehr sagen, wenn sich der Westen und diese Region mehr in der Mitte treffen würde, dann wäre das Leben für alle angenehmer.

Viele Informationen und Eindrücke zum Start

Die ersten Tage in einem neuen Land sind immer sehr intensiv mit vielen neuen Eindrücken, Menschen und Verhaltensweisen. In diesen Tagen unterhalte ich mich am meisten und sauge alles wie ein Schwamm auf. In den folgenden Abschnitten werde ich dir einige Informationen weitergeben, die bestimmt interessant sind und zum Verständnis der weiteren Reise beitragen. Zudem beantworte ich einige Fragen, die mir gestellt wurden und auch für dich interessant sein könnten.

Riyadh

Saudi Arabien in den 60er Jahren

Saudi Arabien war offen. Das Kopftuch war keine Pflicht und auch die Menschen waren nicht ultrareligiös. Frauen durften Auto fahren. Heute sage der Prinz anscheinend oft, dass Saudi Arabien dahin zurück geht, wo sie bereits einmal waren. Es stimmt also nicht, dass sie sich mega öffnen und verändern würden. Es war alles schon mal da. In den 60ern gab es eine Bewegung die von sehr Konservativen ausgelöst wurde. Es ging dabei anscheinend hauptsächlich um Mekka, die heilige Stadt. Im Zuge dieser Bewegung musste wohl stärker durchgegriffen werden und das Land entwickelte sich konservativer.

Verkehr

Extrem viele Menschen fuhren und waren am Handy. So krass hatte ich das noch nie gesehen. Anscheinend fangen sie aber an Strafen zu verteilen. Es scheint, dass immer mehr Regeln und Gesetze eingeführt würden. Auch die Sicherheitsgurten-Pflicht zum Beispiel. Dass ein Auto für 5 Personen mit 6 Erwachsenen und 4 Kindern gefüllt wird, scheint aktuell noch niemanden zu stören. Doch ob bei diesen grossen Familien und vielen Kindern überhaupt etwas anderes möglich ist, weiss ich nicht. Ich denke aber, wenn jeder etwas vernünftiger fahren würde, dann wäre das auch kein Problem.

Lustig waren immer die Begegnungen auf den Bumpern. Das sind in die Strasse eingebaute kleine Hügel, damit die Autos langsam fahren. Viel effizienter als Geschwindigkeitstafeln! Die Autos von beiden Seiten reduzieren die Geschwindigkeit auf Roll-Geschwindigkeit und somit begegnete ich vielen Männern im Auto. Die überraschten Blicke, als sie mich entdeckten, waren unbezahlbar!

Was mir schnell aufgefallen war, waren die demolierten Autos. Ich würde sagen 95 Prozent der Autos hatten Spuren von Unfällen, Kratzern, Beulen etc. Und ich sah auch täglich Unfälle. Schlimm. Denn jeder riskiert ja auch sein eigenes Leben. Vielleicht haben die gläubigen Muslime ein anderes Verhältnis zum Tod, weil sie wissen, dass sie etwas schönes erwartet. Keine Ahnung, das ist nur so eine Vermutung. Ein Freund meinte auch, dass er ein paar Freunde im Yemen verloren hätte im Krieg. Ich meinte dann, dass es mir leid tue und er entgegnete, dass es ok sei, denn sie waren gläubige Muslime und es gehe ihnen bestimmt gut.

Die meisten Autos waren Toyota Pickups und Hyundais. Aber alle Autos waren eher grösser, robuster und moderner. Definitiv ein Unterschied zum Iran oder den meisten anderen Ländern.

Öffentlicher Verkehr

Öffentlicher was? Saudis haben alle mindestens ein Auto. Für Fernstrecken gibt es Busse, einige Züge und viele günstige Flüge. Innerhalb der Städte sind Uber (nataschaz15ue) und Careem (NATASCHAZ1) zwei beliebte Apps um Taxis zu bestellen. Wenn du dich über die hinterlegten Links anmeldest und den in Klammern gesetzten Code eingibst, erhältst du Vergünstigungen auf die ersten Fahrten.

Ein Taxifahrer meinte, dass es ein guter Job sei. Klar, wenn jeder auf Autos angewiesen ist werden die Fahrer auch benötigt. Spannend war auch, dass Taxis (können in der App Careem ausgewählt werden) oft günstiger als Uber oder Careem waren. In der Schweiz sind sie meines Wissens immer einiges teurer.

Angesprochen wurde ich oft mit „Hello sister“. Woher das kommt weiss ich nicht. Im Iran hatte mir einer mit einer mal erklärt, dass Männer jede Frau als „Schwester“ sehe.

Haushaltshilfe und Wohnstandard

Der Standard in Schweizer Wohnungen zum Beispiel ist höher, als was ich in Saudi Arabien gesehen habe. Geschirrspüler, schöne Bäder, Böden etc. und hochwertige Materialien sind etwas, was ich in Riyadh nur in neuen Gebäuden sah. Weil die durchschnittliche Saudi-Familie immer eine Haushaltshilfe hat die entweder für ein paar Stunden kommt oder direkt bei ihnen wohnt, war es oft irgendwie etwas dreckig. Meistens war niemand bemüht, aufzuräumen oder etwas vom Boden aufzunehmen, denn spätestens am nächsten Tag kam ja die Putzfrau. Es war sehr interessant zu sehen und auch zu verstehen, wie die Menschen ticken und weshalb. Dieser Lebensstil ermöglicht vielen Menschen einen Job und es werden viele Arbeitsplätze geschaffen.

Menschen, Frauen und Arbeiter

Generell waren die Menschen lauter als im Iran. Mehr so wie ich. Wenn sie redeten und lachten, kam alles eher von innen und von Herzen raus. Wenn ich laut lachte, konnten sie das auch, was ich sehr sympathisch fand.

Ich hatte das Gefühl, dass die Frauen ziemlich stark sind und einen Platz in der Gesellschaft hatten. Wenn Männer sich wie Machos verhalten, ist das nur begrenzt ihre „Schuld“. Denn diese Männer wurden von Frauen aufgezogen. Frauen, die ihnen vorlebten, wie sie sein sollten. Wie überall. Das Macho-Gehabe spüren Frauen aber auch in südlichen Ländern in Europa oder in Südamerika. Es gibt alles wie überall. Frauen studieren und arbeiten und jemand meinte, wenn sie jemanden einstellen, dann lieber eine Frau, weil die einfach besser und sorgfältiger arbeiten.

Ich hatte mich dann gefragt, wie die Zukunft der Männer in Saudi Arabien aussehen könnte. Die meisten Arbeiter in Shops, Handwerker, Cafés, Restaurants, Taxis, etc. sind Ausländer aus den Philippinen, Pakistan, Indien, Bangladesch oder Äthiopien. Nun nehmen die Saudi Frauen auch immer mehr eine Rolle in der Wirtschaft ein und arbeiten zu dem noch besser. Das war übrigens auch meine Erfahrung. Es waren immer alle freundlich und hilfsbereit, ausser sehr oft die Saudi Männer, zum Beispiel bei den Autovermietungen. Kundenorientierter Service scheint da ein Fremdwort zu sein.

Datteln

Die besten Datteln kommen anscheinend aus Al Ghassin. Die Dattelsaison hatte ich knapp verpasst, sie sei im August und September.

Frauen müssen und dürfen nicht …

In den Köpfen der westlichen Bevölkerung befindet sich oft etwa dieses Bild: Eine Frau muss den Mann mit anderen Frauen teilen, muss sich total verhüllen und darf nur die Augen zeigen (Niqab tragen), darf erst seit kurzen Auto fahren und hat keine Rechte.

Nun, das mit dem Auto fahren stimmt. Das Kopftuch ist keine Vorschrift und die Abaya (der lange Umhang) ist mehr Tradition als eine religiöse Vorschrift. Studieren und arbeiten können Frauen genauso, wie sie seit 2018 selber Auto fahren und mittlerweile auch selber einen Pass beantragen und frei reisen dürfen. Saudi Arabien befindet sich in einer rasanten Veränderung.

Die Menschen in den grösseren Städten wie Riyadh oder Jeddah sind sehr offen und gebildet. Jeddah ist zudem eine sehr internationale Stadt in welcher die Frauen viel lockerer gekleidet sind und viel mehr Farbe tragen.

Sind die Saudis alle reich?

In den Städten wie Riyadh und Jeddah geht es den meisten Einheimischen gut und sie haben ein gutes Leben. Auf dem Land, würde ich sagen, ist es wie in den meisten Ländern, es geht den Menschen in sofern gut, dass sie ein Dach über dem Kopf haben.

Wie verschleiert müssen Frauen sein?

Das Kopftuch ist und war nie obligatorisch. Jede kann sich so anziehen, wie sie es mag oder was Tradition ist im Land. Was sehr verbreitet ist, ist die Abaya. Ein langes Kleid oder wie bei uns, ein Cadigan. Dafür gibt es unzählige Shops. Viele tragen schwarz, es gibt aber auch farbige. Die jüngere Generation zeigt sich eher freizügig. Modern gekleidet, eine lässige Abaya und ein Kurzhaarschnitt sind keine Seltenheit.

Saudi Season

Das ganze Jahr finden in verschiedenen Städten und Regionen während einem Monat oder mehreren Monaten verschiedene Events statt. Einige sind kostenlos, andere günstig oder auch etwas teurer. Eine coole Sache für die Bevölkerung und der Standard und die Organisation waren echt grosse Klasse! Man merkt, dass genügend Geld vorhanden sein muss. Die Saudis bezahlen keine Steuern. Seit 2018 lediglich eine Mehrwertsteuer von 5 %. Somit kümmert sich der König wirklich um die Bevölkerung und profitiert nicht nur selber. Schön zu sehen, dieser Kontrast zum Iran.

Riyadh-Season Riyadh-Season

Preise, Sozialsystem und Steuern

Für die Einheimischen ist vieles günstig. Wenn man einen Saudi Pass hat, sorgt die Regierung anscheinend gut für einem. Auch ausländische Arbeiter in Jeddah und Riyadh bestätigten oft, dass es ihnen gefällt, der Lohn gut sei und es allgemein besser sei als in Dubai. Diese Arbeiter haben einen tieferen Lohn als Saudis, die für die Regierung arbeiten (vieles hängt irgendwie an der Regierung). Dies sei aber nicht, weil die Saudi Arbeitgeber oder Familien wenig bezahlen wollen, diese Leute kämen bereits mit Arbeitsverträgen ins Land. Im Heimatland würden Verträge bei den Botschaften erstellt und die Saudis hätten nichts damit zu tun. Somit scheint es für die Arbeitgeber okay zu sein.

Den Saudi Arabischen Pass zu bekommen, sei unmöglich, auch wenn man das ganze Leben in Saudi Arabien lebte. Ich denke, das hängt auch damit zusammen, dass das System und wie Saudi Arabien aufgebaut ist, nicht mehr funktionieren würde.

Das ganze Gesundheitssystem ist kostenlos. Zumindest für Saudis. Steuern bezahlen sie keine und seit 2019 existiert erstmals eine Mehrwertsteuer von 5%. Benzin kostet etwa 40 Rappen der Liter.

Bukhur / Oud zum Räuchern

Bukhur ist weit verbreitet und sehr beliebt. Parfümiertes Holz, etwas ähnliches wie Blüten oder Steine (es konnte mir niemand erklären, was es genau ist) werden auf eine heisse Kohle gegeben und verleihen dem Raum einen guten Duft. Es gibt ganz verschiedene Düfte, die auch aus verschiedenen Ländern kommen.

Bukhur Bukhur

So und nun starten wir die Reise.

Riyadh

Fast eine Woche hatte ich mit der Familie verbracht. Wir hatten viel geredet, uns über unsere unterschiedlichen Kulturen ausgetauscht, sie hatten mir Events von „Saudi Season“ gezeigt, traditionelles Essen gekocht, wir liefen durch einen Markt, ich lernte Miswak (natürliche Zahnbürste) kennen, wir schauten uns das King Abdulaziz Historical Center (National Museum), sahen den Platz für öffentliche Hinrichtungen (s. Foto mit dem Turm), besuchten das Financial District mit den neuen Towern, assen lecker vegan, ich kochte einmal Rösti mit einer veganen Pilz-Tahina-Sauce und Gemüse, wir spielten mit den Kindern und dem Hund, schauten den Sonnenuntergang in der Wüste und besuchten ihre Pferde. Pferde gehören zur arabischen Kultur und jeder besitzt gefühlt eines.

Platz für öffentliche Hinrichtungen Financial District

Wie du siehst, war einiges los in der Woche und mit einer 9-köpfigen Familie plus zwei Familien (zwei sind verheiratet) läuft tatsächlich immer etwas.

Kamele Local-Food geräucherter-Reis

Princess Market

Eimal machte ich mich alleine auf den Weg in die Stadt, denn das fehlte mir etwas. Nur so kann ich jeweils wirklich erfahren wie die Menschen sind, was wie läuft und es zu entdecken gibt. Wenn Locals dabei sind, dann regeln die immer alles.

Also googlete ich und fand den Princess Market. Da sollte es alles mögliche geben. Ich fuhr mit einem Careem hin und fragte nach dem Markt. Als ich das Gelände betrat, fühlte ich mich wie ein Filmstar. Aus allen Richtungen grüssten sie mich, wollten mir ihre Stände zeigen und Melonen verkaufen, die gefühlt halb so gross wie ich waren. Ich merkte schnell, dass es ein Markt für grosse Mengen war und zu dem Zeitpunkt keine andere Frau da anzutreffen war.

Datteln

Dann wollte ich mir die Dattelabteilung ansehen und einer brachte mich hin. Englisch verstand niemand, aber verkaufen wollten sie. Bei uns gibt es meistens im Supermarkt eine oder zwei Sorten Datteln. In Saudi Arabien ist das wie im Iran. Es gibt viele verschiedene, von hellbraun bis dunkelbraun, von trocken bis sehr feucht. GoogleTranslate konnte nicht helfen. Doch als die Männer verstanden, dass die grosse Box (wahrscheinlich 5 kg) zu gross für mich war, ging es ganz schnell. Sie waren schneller mit dem falten einer kleinen Box und dem befüllen mit 1 kg Datteln, als ich überhaupt sagen konnte, dass ich keine kaufen wollte.

Datteln

Nun da stand ich mit der Schachtel gefüllt mit 1 kg Datteln, der „number 1“ angeblich. „60 Rial“, meinte dann einer. Hmmm. Ja gut, die musste ich nun wohl kaufen. Also verliess ich den Markt mit einem Kilo Datteln für CHF 16.00, alle waren happy, wir lachten und ich setzte mich in den Park in der Nähe. So schnell lernte ich, dass ich das nächste Mal besser gleich davon laufe, wenn ich etwas nicht wollte. Aber die Datteln waren echt sehr lecker!

Im Park kam dann einer zu mir, der sich unterhalten wollte. Das ging jedoch nicht. Mit Händen und Füssen erklärte er mir, dass er Taxifahrer sei und ich ihn anrufen sollte, wenn ich ein Taxi brauchte. Um ihn los zu werden nahm ich seine Nummer. Er war ein kluges Köpfchen und wollte, dass ich ihn anrufe um zu schauen, ob die Nummer stimmte. Dann wollte er, dass ich seine Freundin werde und liess mich dann irgendwann wieder in Ruhe. Doch schon eine halbe Stunde später startete er regelmässige Anrufversuche. Ich hatte dann die Funktion um Nummern zu blockieren entdeckt und da steht der arme Herr jetzt drauf. Sperrung statt Beziehung. Tja, so läuft das im Leben.

Abha

Nach rund einer Woche war es für mich Zeit, Riyadh zu verlassen und Saudi Arabien zu erkunden. Ich buchte, zum erstaunen aller, ein Ticket für den Nachtbus von der Firma Saptco von Riyhad nach Abha. Das mache man nicht, man fliege. Ich sagte dann, dass ich eh schon genügend in der Welt herum fliege und die Umwelt nicht zusätzlich durch Flüge belasten wolle. Zumal der Preis etwa derselbe war. Mit Unverständnis in den Augen schauten sie mich an und meinten, dass der Flieger ja sowieso fliege. „Wenn sich weniger für Flüge entscheiden würden, würden weniger Flüge angeboten werden.“, entgegnete ich dann und sie stimmten zu. Es war wohl das erste Mal, dass sie mit diesen Gedanken konfrontiert wurden 🙂

Der Nachtbus fuhr 16 Stunden (2 Stunden Verspätung) und kostete 186 Rial, ca. 50 Franken. Abha befindet sich auf 2200 m.ü.M. und war deshalb etwas frischer. Mit einem Careem fuhr ich zum OYO Hotel, deponierte mein Gepäck und verliess das Hotel.

Warnung einer Frau

Eine Frau verliess das Hotel zur gleichen Zeit und meinte „Du bist mutig!“. Ich drehte mich um und fragte warum. Sie erklärte mir, dass sie aus Kanada sei und an der Universität Englisch unterrichte. Wie würde jedoch nie ohne Kopftuch und ohne lange, schwarze Abaya aus dem Haus gehen. Ich solle zumindest einen Schal mitnehmen. Den hatte ich dabei, weil es kühl war. Aber nicht für den Kopf, sondern für den Hals. Es sei ihr anscheinend mehrmals passiert, dass Männer blöde und böse Bemerkungen gemacht und sie auf der Strasse aufgefordert hätten, sich zu verschleiern. Nun, daran dachte ich natürlich nicht, da ich erstens keine Muslimin bin und nicht daran glaube und zweitens für Touristen die einzigen Regeln sind, dass die Schultern und Knie bedeckt sind.

Ich bedankte mich für den Tipp und begab mich auf die Strasse. Mit Abaya, Schal um den Hals und frei im Wind wehenden Haaren. Mein erster Stopp war der Supermarkt. Ich deckte mich mit Brot, Tahini, Kichererbsen und verschiedenem Gemüse ein, damit ich Wraps machen und mich gesund verpflegen konnte, denn mit den Essgewohnheiten hatte ich mich noch nicht so richtig beschäftigt. Mir fiel schnell auf, dass viele Autos anhielten und mich mitnehmen wollten. Zum einen bestimmt, weil ich zu Fuss unterwegs war und das Saudis nicht machen und zum anderen sicher auch, weil sie freundlich sind. Vielleicht gab es auch noch andere Absichten. Wer weiss. Ich lehnte immer dankend ab und erklärte, dass ich gerne laufe. Ob sie das je verstehen werden weiss ich nicht.

Spaziergang durch die Stadt

Später lief ich durch die Stadt, einfach da durch wo es mich gerade hinzog. Ich kam bei verschiedenen Geschäften vorbei und sorgte regelmässig für aufsehen. Ein „Hallo how are you“ oder „oooh, welcome“ war überall zu vernehmen. Plus sah ich sehr selten Frauen und wenn, nur Frauen, die einen Niqab trugen und nur ihre Augen zeigten. Bei einem traditionellen Restaurant fragte ich, ob ich etwas veganes zu essen bekommen könnte. Doch ausser Fisch gab es nicht viel. Ich lief weiter, suchte nach Cafés auf GoogleMaps, doch die waren alle geschlossen.

Dienstagmarkt-Abha Dienstagmarkt-Abha

Beim Restaurant „Ysabel Lounge“ gab es Kaffee und eine Karte mit hauptsächlich nicht-veganen Menüs. Beim ersten Blick auf die Karte war ich geschockt, als ich die Preise sah. So bestellte ich nur einen Kaffee. Später realisierte ich, dass die hohen Zahlen die Kalorienangaben waren. Manchmal wären ein paar Worte arabisch hilfreich 🙂

Auf der anderen Strassenseite war ein schöner Park, der zum flanieren einlud. Auf dem Weg nach Hause, entdeckte ich zufällig den Dienstagsmarkt, der aber schon fast geschlossen war. Verschiedene Gewürze, geflochtene Schalen, Kleider oder Tajine Gefässe waren zu kaufen. Die Menschen waren erstaunt, als sie mich sahen und eine Frau fragte mich, über GoogleTranslate, ob ich eine Ärztin sei. Warum auch immer, ich war nur eine Touristin.

Allgemein sah ich fast keine Frauen auf der Strasse. Die, welche ich sah, trugen schwarze Abayas und einen Niqab und zeigten nur ihre Augen.

Auf dem Nachhauseweg, es war schon dunkel, sagte ein Mann etwas aus dem Auto heraus. Ich verstand natürlich nichts und lief weiter. Dann fuhr er mir nach und redete wieder. Ich sagte, ich verstehe kein arabisch und ignorierte ihn. Er meinte ich soll einsteigen. Ich lief weiter. Irgendwann kam er ohne Auto und ich sagte ihm „challas yalla!“ In der Meinung, dass es „fertig, los geh“ hiess. Genau genommen kann es anscheinend auch heissen „ok, lass uns gehen“. Nun, meine Körpersprache gab ihm wohl zu verstehen, dass er verschwinden sollte, denn danach bog er irgendwo ab.

Auto mieten

Da es fast keine ÖV gab, hatte ich entschlossen, ein Auto zu mieten. Ich fahre gerne, war aber etwas nervös, weil mir viele davon abgeraten hatten, weil die Saudis oft crazy fahren. Trotzdem wollte ich es probieren. In der Stadt konnte ich jedoch keines mieten, da ich weder eine saudische Kreditkarte, noch einen lokalen Führerschein besass. Also musste ich zum Flughafen. Davor holte ich mir jedoch beim Lêôn Café noch einen leckeren Kaffee für den Tag.

Beim Flughafen fand ich etwa 8 Autovermieter, jedoch sprachen nur zwei Englisch. Der freundlichere konnte mir aber kein Auto vermieten, weil ich einen ausländischen Führerschein hatte. Also ging ich zu den unfreundlichen und total nicht serviceorientierten Jungs. Für 145 SAR inklusive Vollkasko bekam ich einen kleinen Nissan für 24 Stunden und die Reise konnte losgehen.

Ich war also ziemlich nervös und froh, dass GoogleMaps funktionierte. Los ging es also!

Al Soudah National Park

Die Strecke war schön und voller Natur und Berge. Als ich aus der Stadt raus war, legte sich auch meine Nervosität, denn es war nur halb so schlimm. Ich fuhr schon in Vietnam 2.5 Monate mit dem Motorrad herum und bin auch sonst schon viel Auto gefahren, von daher hätte ich mir etwas mehr zutrauen dürfen.

Abha

Der al Soudah Park war wie ausgestorben und ich konnte nicht hineinfahren, aber hinein laufen. Also suchte ich mir einen Weg und entdeckte auf der Karte einen Aussichtspunkt. Leider kam nur Nebel vom Tal hoch und ich sah nichts von der angeblichen Aussicht.

Ich entschied in der Natur und Ruhe mein Mittagessen zu geniessen und setzte mich auf einen dafür vorgesehenen Platz. Als ich alles ausgepackt hatte, bemerkte ich, dass ich in ein Ameisennest sass. Also packte ich alles wieder zusammen und stand auf. Da gab es hinter mir Geräusche und ich sah etwa 10 Affen (Paviane) direkt da, wo ich vor 10 Sekunden noch sass.

Erschrocken wollte ich schnell davon rennen, wusste aber nicht, wie sie reagierten. Also packte ich alles sofort in den Beutel, damit sie nichts sahen, was sie interessieren konnte. Mit dem Handy machte ich noch kurz ein Video und dann packte ich es ein und ich lief etwas schneller. Irgendwann drehte ich mich um um zu sehen, ob sie mir folgten. Glücklicherweise waren sie wohl nicht wirklich an mir interessiert. Trotzdem fühlte ich mich etwas alleine und entschied, den Ausgang zu suchen. Ich lief an einigen Affen vorbei. Diese waren eher schüchtern. Ob das normal oder Zufall war, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls fuhr ich lieber weiter.

Al-Soudah Al-Soudah

Gefährliche Bergstrasse

Die Strasse zwischen al Soudah und Rijal Alma schien besonders gefährlich zu sein. Der eine im Hotel meinte, dass da täglich sicher 6-7 Menschen starben und es besser sei, nicht selber zu fahren. Ich sagte mir, ich schaue die Strasse an und entscheide dann spontan. Als ich die Strasse in einem top Zustand und sogar mit Schutz an der Seite sah, musste ich lachen und fragte mich, ob der die Strasse nicht kannte oder ob die nicht wissen, dass wir in der Schweiz auch Autos, Strassen und Bergstrassen haben.

Ich fuhr die Strecke und genoss die Aussicht. Sehr schön die Sanddünen. Äh, die Berge. Irgendwann musste ich dringend tanken. Ich sagte für 30 Rial und hatte nur grosse Noten zum zahlen. Das Benzin war im Auto und der nette Herr hatte nicht genügend Wechselgeld. Meine VISA Karte funktionierte nicht und einen Bankomat gab es auch nicht. Das war mir recht peinlich und ich wusste nicht was ich machen sollte. Ein anderer Mann (Saudi) kam, sprach Englisch und meinte, er bezahle für mich. Ich sagte ihm, er soll mir seine Bankangaben geben und ich überweise es. „Challas!“, meinte er und lachte. Er bezahlte mein Benzin und ich bedankte mich mehrmals, was er recht amüsant fand. Einfach nett die Menschen in der Middle East Gegend!

Abha-nature Abha-nature

Rijal Alma

Die Bilder kannte ich nur von Instagram. Im August fand ein Flower Festival statt mit Blumen und Lichtershow. Als ich da war, im Dezember, war Normalbetrieb. Die Häuser seien typisch für die Region. Für die Fassaden waren die Männer zuständig und für die ganze Kunst innen drin die Frauen. Es gab verschiedene Häuser und zwei kleine Museen zeigten, wie die Menschen früher lebte.

Die Häuser sind rund 400 Jahre alt und für die Bevölkerung war schon damals wichtig, dass sie auf dem Land arbeiteten, aber auch die Kinder ausbilden konnten. Männer und Frauen spielten immer eine grosse und wichtige Rolle. Frauen waren nicht nur zu Hause mit Kindern und Hausarbeit beschäftigt, sie unterstützen auch in der Landwirtschaft, machten verschiedene traditionelle Handarbeiten und waren sehr kreativ in der Dekoration der Häuser. Ihr Stil war der „Al-Qatt Al-Asiri“-Stil.

Alles was sie malten, stand für etwas. Jeder Strich und jede Form. Für die beiden Lebenshälften, für eine wichtige Pflanze oder eine Braut. Das erklärte mir später der Manager, als er sich Zeit nahm, mir auf Englisch bei einem Tee das eine oder Andere zu erklären. Es war ein schöner und interessanter Nachmittag mit vielen netten Menschen.

Rijal-Alma Rijal-Alma

Rijal-Alma Rijal-Alma

Rijal-Alma Rijal-Alma

Eine komische Begegnung

Zurück in Abha machte ich mich auf die Suche nach Essen, da es nicht wirklich vegane Optionen gab, zumindest mich da, wo ich durch kam. Ich hatte einen Shop gefunden, der mir einen leckeren Falafel mit meinen Extrawünschen, ohne Ei und ohne Käse, zubereitete. Es war kurz vor der Prayer-Time (Bet-Zeit). Nachdem ich bestellte, liess er die Storen runter und löschte das Licht, wie das üblich ist während dieser Zeit. Er servierte mir kurz später den Falafel und ich begann zu essen.

Irgendwann lief er an mir vorbei und machte die Tür auf. Ich dachte er wollte raus um Pause zu machen und dass ich vielleicht auch raus sollte. Er sagte „want“, ich drehte mich um und sah, dass er mir ein Bild auf dem Handy hingehalten hatte. Ich war etwas erstaunt, weil ich auf den ersten Blick nur nackte Haut sah. Darauf war ich, nach einigen Wochen in muslimischen Ländern, doch eher sensibilisiert.

Beim zweiten Blick sah ich, dass darauf ein Mann zu sehen war, der gerade Sex mit einer Frau hatte. Ich fragte entsetzt was das soll, machte den Ohrenstöpsel rein und rief eine Freundin in Riyadh an. Sie nahm sofort ab und ich verliess das Restaurant. Ich wusste in dem Moment nicht, was der Typ machen wollte und fühlte mich wohler, wenn da quasi jemand dabei war. Ich lief schnell davon und sie meinte, ich solle das sofort der Polizei melden. Doch ich fand die Strafen in bisschen zu krass, denn ich glaube der käme direkt ins Gefängnis. Ich finde es ja gut, dass Themen wie sexuelle Belästigung, Vergewaltigungen und so ernst genommen werden, aber Gefängnis ist dann doch eher übertrieben, meiner Meinung nach.

Al Habala

Da ich das Auto für 24 Stunden mietete und es erst um 11 Uhr zurück bringen musste, entschloss ich, am morgen noch einen Ausflug zu machen. Um 6.30 Uhr fuhr ich nach Al Habala. Der Weg führte mich vorbei an sehr schöner und abwechslungsreicher Natur. Kurz vor dem Dorf gab es einen riesigen Canyon. Ich traute mich jedoch nicht auszusteigen und hin zu laufen, weil es unterwegs einige wilde Hunde gab und ich davon etwas traumatisierte bin, von Erlebnissen in Vietnam. Er sah aber auch von der Strasse aus sehr schön aus.

Al Habala liegt am Fusse eines Berges. Hoch gäbe es auch noch eine Seilbahn. Ich fuhr im Dorf herum und mir begegneten nur zwei Autos. In einem Pickup sass ein älterer Herr, der neugierig ins Auto schaute, mich zur Kenntnis nahm, winkte und hallo sagte. Ansonsten begegnete ich niemandem. Das kann aber auch damit zusammen hängen, dass in Saudi Arabien, wie im Iran, um die Häuser Mauern gebaut sind. Wenn die Tore geschlossen sind, sieht man nicht rein. Das galt auch für die Bauern. Der Gemüseanbau war ebenfalls hinter Mauern. Viel zu sehen gab es nicht, aber die Landschaft war schön.

Al-Habala Al-Habala

Tamniah

Das Museum „Tamniah“ musste wohl sehenswert sein. Ich schaute vorbei, doch stand leider vor verschlossenen Türen. Auch dieses Dorf war wie ausgestorben. Das fiel mir öfters auf. Das Leben schien sich zu einem grossen Teil im Haus oder in der Moschee abzuspielen.

Tamniha

Ich hätte mir gerne das Museum angeschaut und etwas mehr über die speziellen Häuser mit den Steinschichten erfahren. Wie es offen ist, weiss ich nicht, am besten vorher anrufen. Der Herr sprach jedoch nur arabisch.

Tamniha Tamniha

Khamis Mushayt

Am Donnerstag findet in Khamis der Wochenmarkt statt. Unabhängige Verkäufer, Beduinen und Bauern verkauften alles mögliche. Ich hatte nicht mehr viel Zeit, weil ich das Auto zurückbringen musste und konnte den Markt leider nicht finden.

Zurück in Abha holte ich mir einen Kaffee, packte mein Gepäck, schaute den Staudamm an und am Abend fuhr ich mit dem Nachtbus nach Jeddah. In der Busstation gab es einen Raum für Frauen und einen für Männer und Frauen. Als sich der Männer Raum füllte, wechselte ich in den Frauenraum. Da schauten mich 10 vermummte Frauen an, ich sah nur Augen und zwei Gesichter, die nicht mit einem Niqab bedeckt waren. Sie waren sehr offen und gesprächig und obwohl alle zwischen 28 und 41 Jahre alt waren, war nur eine verheiratet. Die anderen mögen ihre Freiheit und sahen keinen Grund zum heiraten.

Weil ich eine lange Reise vor mir hatte, schenkten sie mir zu erst eine Packung Datteln und dann kam eine mit einer riesigen Tüte voller Chips und Süsswaren. Da ich eh schon genug Gepäck hatte und das ganze Zeugs eh nicht gegessen hätte, lehnte ich dankend ab.

Niqab-Selfie

Geschenke ablehnen

Das Thema Geschenke ablehnen ist so eine Sache. Auf der einen Seite ist es unhöflich, auf der anderen Seite ist es aber Verschwendung. Ich bin der Meinung dass ich reise und so viel über andere Kulturen erfahren kann. Sie sollen aber ebenfalls die Chance haben, mich kennenzulernen. Das schliesst ein, dass ich vegan lebe, nicht zu viel Zucker essen möchte, nicht verheiratet bin und mir gewisse Werte wichtig sind. Die Verschwendung finde ich persönlich schlimm. Wir sollten nur kaufen und produzieren, was wir auch brauchen. Wird etwas produziert und nachher weggeschmissen, weil es nicht gebraucht wird, steckt da Arbeit (meistens billige Arbeit in fremden Ländern und zu schrecklichen Bedingungen) und Ressourcen dahinter. Also möchte ich nicht Teil dieses Kreislaufes sein und erkläre, dass ich, die Sachen nicht esse weil ich vegan esse (keine tierischen Produkte) und nur wenig Zucker esse oder aber etwas nicht brauche. Natürlich bedanke ich mich immer höflich. Wie es bei den Menschen ankommt, weiss ich nicht. Wahrscheinlich unterschiedlich.

Ich bin aber auch der Meinung, wenn wir nicht reden und was uns wichtig ist in die Welt tragen, können es andere nicht erfahren und es wird sich nicht verändern.

Hilfe annehmen oder ablehnen

Ein weiteres heikles Thema, vor allem für selbständige und unabhängige Frauen wie mich ist, das Thema Hilfe annehmen oder ablehnen. In sehr vielen Ländern ist es üblich, dass sowohl die Frauen, als auch die Männer eine bestimmte Rolle einnehmen. Vielleicht nicht immer so strickt wie früher, aber oft drückt es etwas durch. Ein Beispiel, mit dem ich oft konfrontiert werde ist, Männer, die unterstützen und helfen. Oder es zumindest wollen.

„Pass auf! Sei vorsichtig!“, ist ein Standardsatz und ja auch ganz süss. Wenn sie mir helfen und eine Tasche ins Auto tragen oder den Rucksack aus dem Taxi nehmen, mir etwas übersetzen wenn ich mich mit jemandem nicht verstehe, dann sind das nette Hilfen, die ich in dem Fall benötige und auch sehr schätze.

Wenns nervt

Wenn mir aber Gemüse aus der Hand genommen wird, dass ich sehr wohl sehr gut tragen kann oder ich non-stop mit Informationen zugetextet und zugelabbert werde, die ich entweder schon kenne, nicht benötige oder mich schlicht nicht interessieren, nur weil der Herr sich wichtig und gebraucht fühlen will, dann finde ich das nervig und ignorant und hat für mich nichts mit nett sein und helfen zu tun.

Viele machen einfach was sie schon immer gemacht haben. Ohne zu hinterfragen und situativ zu entscheiden. Hilfe sollte da angeboten werden, wo sie benötigt wird. Einfach nur ignorant sein und nicht zu hören finde ich sehr nervig und störend und ich hatte angefangen, das einigen Menschen auch zu erklären.

Ein Freund im Libanon ist immer ein dankbarer Gesprächspartner bei solchen Themen, denn er wurde genau so grossgezogen und war vor einem Jahr der Trigger, der mich dazu brachte, das ganze zu analysieren und zu verstehen. Einerseits, warum ich ein Problem damit habe (denn da stecken immer auch persönliche Themen dahinter) und aber andererseits auch, wo das generelle Thema im Aussen liegt. Es ist immer wieder sehr spannend und lehrreich.

So, das war der erste Teil meiner Reise in Saudi Arabien. Hier erfährst du alles über meinem Solo-Roadtrip! Er führte mich von Jeddah, entlang der Westküste und am roten Meer bis noch, nach Tabuk und hielt einige positive und negative Überraschungen bereit.

Wadi Tayyib al Ism


Mir ist wichtig, hier zu erwähnen, dass ich Saudi Arabien jedem als Reiseland empfehlen kann, zu 100% und ohne spezielle Vorsichtsmassnahmen. Ich wurde auf die Vorfälle mit Männern angesprochen und möchte gerne an dieser Stelle erwähnen, dass Belästigungen im Club, in der Bar, Bahn oder auf der Strasse, eklige Blicke, betatschen gegen den Willen, abpassen auf dem Weg nach Hause, usw. bei uns in Europa und auch in der Schweiz täglich und ganz speziell an Wochenenden ständig passieren! Es ist bei uns normal und wir wachsen damit auf. Bitte, nur weil ich hier von ein paar Situationen schreibe, heisst das nicht, dass das jedem und überall passiert. Im Gegenteil, diese unangenehmeren Situationen stehen in keinem Verhältnis zur Herzlichkeit, Offenheit und Gastfreundschaft der Menschen in Saudi Arabien. Mir war es einfach wichtig, alles zu erzählen, denn ich möchte ein ehrliches Bild meiner Reisen vermitteln. Danke für’s lesen! 

    2 COMMENTS

  • Cornelia H. Lehmann 21. Juni 2021 Reply

    Ein toller Reisebericht. Ich bin zwischen 2014 bis 2017 (jedes Jahr) durch Afghanistan gereist. Zum Teil zum Arbeiten (Beratung von Kleinunternehmern, Unterricht an der staatlichen Universität), zum Teil um das Land und die Menschen kennen zu lernen. Vieles kann ich nachvollziehen. Der Bericht macht richtig Lust auch mal nach Saudi Arabien zu fahren.

    • naschi 6. Juli 2021 Reply

      Liebe Cornelia

      Vielen Dank für deinen Beitrag. DAS klingt ja auch super spannend! Ich will unbedingt auch nach Afghanistan. Bin sooo gespannt auf das Land und die Leute. Wie war das Reisen 2014-2017? Was hat sich in den einzelnen Jahren verändert? Und ja, Saudi Arabien kann ich auf jeden Fall empfehlen 🙂

      Herzliche Grüsse aus Costa Rica

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